Südamerika

21.08. bis 28.08.2007

Durch Feuerwände rechts und links der Straße hindurch, an riesenhaften Rinderherden vorbei kommen wir nahe Cuiaba nach Poconé.

Hier beginnt sie nun, die Transpantaneira, die Piste ins Tierparadies Pantanal/Mato Grosso del Norte.
Es ist das größte zusammenhängende Schwemmlandgebiet der Erde mit Savannen, Wäldern, Sümpfen, Seen und Flüssen und natürlich inzwischen viel Weideland. – Symbol des Pantanals ist der große Storch Jabiru oder Tuiuiú. Er ist wirklich sehr groß, hat einen schwarzen Hals mit einem breiten roten „Schal“.

Kaimane werden wir sicher sehen, es gibt hier angeblich die größte Kaimandichte der Erde!
Viele Vogelarten, Wasserschweine, Wild und natürlich Fische und Frösche leben hier und andere Tiere, die man aber nur sehr schwer oder gar nicht zu Gesicht bekommt, dazu gehören z.B. der Jaguar und die Großschlangen.
Wohl wissend, dass dieses Paradies stark bedroht ist von Ackerbau-und Viehzucht (Dünger,Brandrodung, genmanipulierte Feldfrüchte wie Soja, Trockenlegungen), bedroht von Goldsuchern (Quecksilberkathastrophe 1980), von Wilderern (Jacaré-Leder, Aras, Jaguarfell,..) und nicht zuletzt vom Tourismus (hunderte Pousadas, die alle ihre Abwässer ungefiltert in die Gewässer lassen, Touristentouren mit z.T. sehr schnellen Motorbooten), fahren auch wir hin.
Wir kommen bei ziemlicher Hitze an den Anfang der langen Dammpiste und warten gespannt auf die ersten Kaimane.
Sie lassen nicht lange auf sich warten, liegen am Rand der Piste, in kleinen Tümpeln und dösen vor sich hin. Die ersten Reiher stehen wunderschön in ihrem weißen oder grauen Federkleid da, beäugen uns und fangen weiter ihre Fische. Raubvögel warten auf ihre Chance. Bald kommen wir an die Einfahrt zur Pousada Rio Claro. Sie ist klein, liegt am gleichnamigen Fluss mit vielen Krokodilen und wunderschönen Wasserpflanzen. Wir stehen unter einem großen Schatten spendenden Baum und genießen die Sonnenuntergänge. In der Pousada haben wir ein Zimmer bekommen mit Dusche, Toilette und Klimaanlage; schlafen aber wie immer im Auto. Sonst wird es teuer.

Die Klimaanlage benutzen wir nicht, denn wehe wenn man wieder ‚raus muss. So wollen wir „normal“ die Hitze im Schatten überstehen.
Nach zwei herrlichen Tagen fahren wir weiter. Alle paar Meter aber bleiben wir stehen, schauen den Tieren zu, fotografieren. Die wunderschönen rosa oder gelb blühenden Ipé-Bäume und die großen Bougainvilla-Sträucher sind herrlich anzusehen und natürlich bestaunen wir auch die dortigen Brücken-Konstruktionen. Hier ganz normal, für jeden LkW bis 8t erlaubt. Wesentlich schwerere, z.B. Tier-Transporter fahren aber auch ‚drüber und „die Brücken halten doch“! Oder sind sogar (in Trockenzeiten) zu umfahren. Es hat seit Monaten nicht richtig geregnet, die letzten Wasserstellen sind schon sehr klein. Die Fische darin könnte man mit der Hand in der Luft fangen, so hoch springen sie, es wird für sie immer enger. Rundherum und im Tümpel selbst liegen „hunderte“ Jacarés, unvorstellbar! Sie sind total vollgefressen und habe viele Jungtiere. Ob die auch schon so beißen können? Aber soweit geht unsere Neugier denn doch nicht. An den nächsten Tümpeln, wunderschön mit blühenden Wasserhyazinthen oder mit Wassersalat zu gewuchert, stehen riesigen Gesellschaften von Wasservögeln: die schönen, stolz umher stelzenden weißen und grauen Reiher, die großen Jabirus, ab und zu flüchten ganze Wasserschwein-Familien vor uns. Auf den Zaun-Pfosten sitzen die Raubvögel und warten auf Beute. Ein Ameisenbär saust vor uns über die Piste, dann ist er verschwunden. So schnell, dass es für ein Foto längst nicht reicht.

Wir treffen keine Touristen auf der Route, nur ein paar Einheimische, die hier in der Gegend arbeiten und natürlich Gauchos mit ihren Rinder-Herden und Fischer.
Langsam geht es gen Süden, die Landschaft öffnet sich und wir kommen in noch immer überflutetes Land. Wie mag es hier erst in der Regenzeit aussehen? Es ist dann alles unpassierbar, selbst die Brückenstege und die Dämme sollen unter Wasser stehen. Jetzt sehen wir auch die vielen Zebu-Rinder auf dem erhöht liegenden Weideland und etliches Wild. Wir sagen immer, es sind „Rehe mit ganz großen Ohren“.
Natürlich sind sie sehr scheu.

Auf einmal gabelt sich die Piste: nach rechts geht es zur Pousada Porto Jofre. Wir kommen hin. Nein, das ist nichts für uns: Flugzeugpiste, gepflegter englischer Rasen, alles eingezäunt und gesichert.
Also zurück und die linke Piste probiert.
Und schon sind wir gleich unten am Fluß, ein kleiner Platz mit Schiffsanlegestelle, Toiletten, Duschen, Strom und Zelt-Möglichkeiten. Alles für die Fischer, die hier zum Angeln gehen.
Wir stehen direkt am Flussufer. Abends kommen die Angler von ihrer Tour zurück und bringen ziemlich schwergewichtige Fische mit-Welse? Sie werden gleich ausgenommen und geputzt-ein wahres Blutbad.
Kein Wunder bei 1-2 m Länge. Wir sind in einem Anglerparadies!

Wir denken an Gerhard zu Hause in FFB und Christine könnte inzwischen mit den Gauchos über die Weiden reiten. Für uns sind hier aber für solche „Outdoor-Aktivitäten“ zu viele Mosquitos und zu viel Hitze am Tag. So schauen wir nur den blauen Papageien zu, die über uns im Baumstamm ihr Nest haben. Wehe, wir lassen uns sehen, sie beschimpfen uns auf’s Heftigste, sicher auch auf’s Übelste, von oben herab!
Die Fischer und Angler kommen, trinken ein,… Bierchen mit uns.

Abends kehrt Ruhe ein, der Fluß zieht träge vorbei, die Vögel gehen mit dem Sonnenuntergang schlafen, es riecht nach Holzfeuer. Feierabend! Die Mücken gehen auch schlafen und wir sitzen und geniessen unseren Platz und den Blick auf den Fluss und das andere Ufer.
Am nächsten Morgen gehen manche wieder auf „Fischjagd“, wir fahren zurück.
Die Piste geht sowieso nicht weiter, im Gegensatz zur „Malerei“ auf der geduldigen Straßenkarte.

Und wieder Tiere-Tiere-Tiere. Vormittags sehen wir auch die Jungtiere der Jabirus, der Riesenstörche, in ihren Wagenrad grossen Nestern. Die Wasserschweine sind richtig aktiv, die Gauchos treiben ziemlich große Rinderherden zu den nächsten Weideflächen, Ameisenbären rennen wieder über die Piste, Gürteltiere flüchten vor dem Auto, sogar ein Affe springt verschreckt in den nächsten Baum, die „Leguane“( wir wissen nicht ihren genauen Namen) sind sowieso wie eben auch die Kaimane überall anzutreffen.
Bald kommen uns heute die ersten Touristen entgegen. In dieser Jahreszeit aber nur wenige private, nicht ganze Busse voll!
Am Nachmittag sind wir in der Pousada Paraiso gleich am Eingang der Transpantaneira.
Ein herrliches Stückchen Erde.

Auf der Nachtwanderung mit Scheinwerfer, die man kostenlos geboten bekommt, sehen wir keine Jaguare und dergleichen aber riesige Herden Wasserschweine, Schlangen, Vögel, die wir im Schlaf erschrecken. In der Nacht ist es total ruhig, aber im Morgengrauen, da geht es los! Die Vögel begrüßen lautstark den neuen Tag und orientieren sich unter einander aufs Neue! Und es gibt viele Vögel hier!! An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Aber wann hört man schon so etwas noch bei uns zu Hause?
Wir treffen am nächsten Vormittag noch ein deutsches Paar mit ihrem Motorradgespann aus Dresden. Seit langem überhaupt ‚mal wieder deutschsprachige Touris, dann geht es für uns alle weiter: sie fahren nach Porto Jofre und wir wollen weiter.
Wir fahren durch den Nat.Park Chapada dos Guimaraes, wo man so schöne Sicht vom Mirador ins Tiefland haben soll. Aber wir stehen im Sturm, vom Tiefland kommt der Sand, Wolken und was weiß ich noch alles hoch-wir sehen absolut nichts! Die vielen Wasserfälle? Sind entweder Rinnsale oder ganz ausgetrocknet. Wir sind enttäuscht.

Auf der BR 070, durch endlose Baumwollfelder, an Barra do Garcas vorbei kommen wir nach Goias (Velhos).
Eine wunderschöne und gut erhaltene Stadt aus der spanischen Zeit. Die alten, niedrigen Häuser sind liebevoll renoviert. An der Praca do Rosario steht noch die alte Kirche mit der originalen, bemalten Holzdecke. Es leben hier noch die Einheimischen unter sich, nur wenige Touristen kommen. In der Stadt gibt es schöne kleine Geschäfte, hier gibt es noch Lebensmittelläden, man bekommt Besen und Eimer (z.B.), es gibt Schneider, Schuster, Bäcker.
Nicht nur „Touristeng’lump“. Wir fahren „stur“ die BR 070 weiter, manchmal als Piste, manchmal auch recht schwer zu finden durch Busch-und Weideland.
Am nächsten Tag sind wir in einer ebenso alten Stadt, die sich aber doch schon voll auf die Touristen eingestellt hat: Pirenópolis. Auch sehr nett, aber nicht so mit „normalem“ Leben erfüllt, dafür mit mehr Lokalen und Andenken-Geschäften.
Aber wer sollte es den Menschen hier verübeln, wenn sie ihr Geld machen wollen mit den Sachen, die die Touristen offensichtlich brauchen.

Über die Routa BR 070 geht es weiter. Wir haben fast immer auf den Postos (Tankstellen) übernachtet, essen zu Mittag auf den Postos, waschen am Abend unsere Wäsche auf den Postos. Wir leben seit Poconé wieder wie die LkW-Fahrer und bekommen dadurch viel Kontakt mit ihnen.
Einige, vor allem die, die durch ganz Südamerika fahren (auch unvorstellbar bei den Entfernungen!), sprechen außer Spanisch sogar Deutsch, manche etwas Englisch. Und sie haben oft ihre Frau, manchmal das jüngste Kind dabei. Die LkW’s gehen nach Chile, Argentinien, per Schiff nach Manaus und Venezuela, natürlich auch in den Norden oder Nordosten von Brasilien. Sie transportieren alles: Industriegüter, Lebensmittel, Schweinefleisch aus dem Süden, Rindfleisch aus dem Norden Brasiliens. Einige haben in Spanien als LkW-Fahrer gearbeitet. Wir treffen andere einheimische Reisende, die einfach zum Schlafen ihre Hängematte draußen aufhängen, uns Melone oder Getränke anbieten zum „Feierabend“, wir spendieren ein Bier. Von 21°°bis ca. 4:30 Uhr ist es mäuschenstill. Der Hauptverkehr ruht ebenfalls. Dann geht es weiter. Wenn wir gegen 7:30 aufstehen, sind schon alle anderen unterwegs und wir stehen allein auf den großen Plätzen als hätten wir alles nur geträumt.
Von Poconé aus, nach 1263km in fünf Tagen, sind wir in Brasilia!
Der ziemlich nagelneuen Hauptstadt eines riesigen Landes!