Südamerika

29.08. bis 11.09.2007

Brasilia!

Die Alberque Juventude, d.h. die große Wiese hinter der Jugendherberge wird für die nächste Zeit unser Wohnsitz in Brasilia D.F. sein. Die AJ liegt neben dem Campingplatz, der aber nicht mehr existiert (s.Karte im Reise Know-How). Es ist ein großes, gelbes, modernes Gebäude. Gegenüber unter dem großen Baum ist die Bushaltestelle. Wir zahlen 26 Rial p.Tag incl. Frühstück, Dusche, WC, Strom, Waschmaschine und Internet. Carrefour ist gleich an der BR020 Richtung Norden. Was will man mehr!
Brasilianische Camper stehen auch auf dem Platz hinter der Herberge. Zwei Tage nach uns kommen Hendrik+Annemarie aus Belgien.
Einer der brasilianischen Urlauber, Gilberto, hat Zeit und nimmt uns an seine breite, herzliche Brust. Holt seinen Englisch sprechenden Freund Claudio und dann zeigen sie uns Ihre Stadt Brasilia inklusive Freunde und Bekannte.
Abends sind wir zum Barbecue bei Gilbertos und Claudios Freunden, die in einem der gepflegten Condominos ihr Haus haben, eingeladen. “Condominos” sind in Südamerika mit Mauern geschützte, elektronisch und /oder von Sicherheitspersonal überwachte Siedlungen der Reichen, die hier ihre Einfamilienhäuser-bzw. villen in wunderschönen Gärten haben.Es gibt z.T. Geschäfte, Tankstellen, Sportplätze, Spielplätze usw. Nur keine staatlichen Einrichtungen. Alles ist privater Besitz und privat organisiert von den dort wohnenden Familien. Und man ist “unter seines gleichen”!

Es wird ein wunderschöner und interessanter Abend und Gott sei Dank sprechen fast alle Englisch. Brasilianisch werden wir wohl nie lernen! Auf der Rückfahrt sehen wir das beleuchtete nächtliche Brasilia, Niemeyers Architektur kommt da besonders gut zur Wirkung.
Claudio und Gilberto zeigen uns heute den nur Samstags für die Allgemeinheit offenen Obst-und Gemüse-Großmarkt.
Das bedeutet: ein zweifelnder Blick von uns an einem der Stände, denn wer kennt schon diese Wahnsinnsfrüchte alle!, und schon bekommen wir Kostproben. Naschen hier, naschen dort, das besonders Gute kaufen wir. Beladen und schon richtig satt kommen wir zu den Autos.
Dann geht es zum so genannten Chinesenmarkt. Hier gibt es alles zu kaufen: vom jungen Hund über Computer, Schminksachen, Möbel, Boote, Angelzeug, Kleidung, Hausrat-einfach alles ausser Lebensmittel.
Wir fahren gemeinsam zum Templo da Lagiao da Boa Vontade, dem „Tempel des Guten Willens“. Hier kann man kosmische Energie tanken von dem großen Kristall in der Kuppel. Er stammt aus einem der Bergwerke Cristalinas. Von ihm geht die kosmische Energie gebündelt auf die Menschen unter ihm in der Meditationshalle über. Dieser Tempel ist für alle Gläubigen gedacht, egal, was und ob sie glauben. An diesem Tag aber spendet uns das folgende Mittagessen „al Kilo“ in einem vorzüglichen Restaurant die richtige Energie für den restlichen Tag.

Gilberto, ehemaliger Staatsbeamter, wurde als einer der ersten von Rio in den neuen Regierungssitz umgesiedelt. Er kennt Brasilia in- und auswendig.
Natürlich gehen wir zur Praca dos Tres Poderes und schauen uns den „Plan Alto“ an. Eine Austellung über die Entstehungsgeschichte Brasilias. Es wird einem bewusst, was es für eine technische und logistische Meisterleistung war, Brasilia zu bauen. Und was für ein Sieg für den Stadtplaner Costa und den Architekten Niemeyer über alle Zweifel und Querelen hinweg ihre Vorstellungen zu verwirklichen.
Brasilia wurde nach Vorgabe der Bundesverfassung 1891 endlich 1964 eingeweiht! Es war wohl auch nur mit moderner Technik möglich: vom Urwald zur Metropole!
Über die neue Brücke, die den Lago Sul überspannt fahren wir nach Don Bosco.
Es ist gleichzeitig ein sehr schöner Aussichtspunkt mit Blick über den Lago auf die Stadt.
Gilberto verbringt den ganzen Sonntag mit uns, zwischenzeitlich gesellen sich noch ein paar seiner Freundinnen zu uns-der Tag ist ein Geschenk.
Wir haben den 1. Sonntag des Monats und es gibt zur Abwechslung ein anderes Spektakel zu erleben:
Jeden ersten Sonntag eines Monats wird die große Flagge, und sie ist wirklich sehr groß,
auf der Praca dos Tres Poderes gewechselt.
Das bedeutet Parade, Ansprache, Militärmusik, Ehrenbezeichnungen und Böllerschüsse, ausgeführt im Wechsel von den verschiedenen Militärgattungen. Bei uns war es die Marine, die für das Zeremoniell zuständig war. Und mindestens ein Minister muss anwesend sein! Welch ein Stress für die Herren!

Ja und nur Sonntags kann man den Präsidentenpalast, den Palacio do Planalto besichtigen, mit seiner großen Rampe, den auf geschwungenen Stützen stehenden Vordächern und der Wache der Präsidentengarde, die alle zwei (?) Stunden wechselt und sehr fotogen ist.
Auf dem nahen Parkplatz entdeckt Gilberto einen weissen Mitsubishi-Bus. Ein schweizer Fahrzeug. Wir klemmen die Adresse von der AJ mit Stadtplan unter die Scheibenwischer und am Abend erscheint Markus. Wir werden noch einige schöne Tage miteinander verbringen.
Im südlichen Wohnbezirk und in den Botschaftsvierteln gibt es sehr schöne Geschäfte zum Bummeln und gute Restaurants-z.B. das „Bierfass“!
Wir lernen Brasilia kennen, wie es nicht im Führer steht.
Das lt. Führer bekannte Brasilia schauen wir uns in den folgenden Tagen an: die Ministerien, den Congress, das Nationalmuseum, die Kathedrale, und, und, und.
Man denke daran: in den Congress kommt man an Wochentagen nicht im Hosenrock mit züchtigem
T-Shirt ‚rein! Nur „ordentlich“ mit einer langen Hose, durch die, wenn sie richtig sitzt, sich mehr abzeichnet als sie verdeckt oder mit einem Rock und Oberteil, an dessen Inhalt kein Zweifel besteht und an dessen Anblick sich die Herren Abgeordneten erfreuen können.-
Brasilia ist ein Autofahrerparadies mit breiten Strassen, ohne Staus, Parkplätzen überall, auch in den Wohngebieten. Die öffentlichen Bauwerke sind unheimlich groß und großzügig plaziert. Sie vermitteln einen leichten, luftigen und modern eleganten Eindruck durch diese spezielle, extravagante Architektur Niemeyers.

Nur wer die Moderne und das Ausgefallene liebt, ist hier richtig-das Kontrastprogramm sind die Barockstädte weiter im Süden.
Da wollen wir nun in den nächsten Tagen hin. Unterwegs treffen wir Markus wieder und gemeinsam fahren wir weiter: Übernachten auf Tankstellen, natürlich Mittagessen al Kilo, Begegnungen mit hochaufgeladenen LkW’s, ab und zu mal wieder Unfälle. Wegen der Minen im Tagebau, wegen Brandrodung, wegen Überweidung und wegen totaler Abholzung der alten Urwälder begleitet uns eine für alle Zeiten absolut kaputte Landschaft. Nicht einmal Vögel gibt es mehr! Wie auch, wo doch Ihre Nester, die Insekten und Würmer ständig abgebrannt werden.
Dann sind wir auf „Höhlentrip“: Die erste ist die Gruta Rei do Mato an der BR040, bei Belo Horizonte. Wir sind ganz allein und eine junge Frau führt uns durch diese für das Puplikum kleine dunkle Welt in der die Fledermäuse leben. Die unterirdischen Seen sind in dieser Jahreszeit alle ausgetrocknet, es wäre sicher mit Wasser spektakulärer geworden, war aber auch so sehr schön.
Nach langem Suchen, Fragen und Umwege fahren kommen wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit noch zur nächsten Höhle in der Nähe von Lagoa Santa, zur Gruta da Lapinha.
Wir werden paar Meter zurück zum Campingplatz links vom Friedhof geschickt. Allerdings gibt es hier bis auf eine Toilette nichts, auch keine Kosten, dafür aber, wie sich später herausstellt, Zecken!
Markus zählt mindesten 39, ich 10, Uwe 3.

Die Höhle, wir sind morgens wieder die einzigsten Besucher, ist ebenfalls sehr schön: sie ist in einem unterirdischen Flusssystem entstanden, ziemlich viele Säle können besichtigt werden. Allerdings ist auch sie total trocken, so dass wir wieder keinen unterirdischen Fluß oder Seen haben. Aber zu viel Wasser wäre uns sicher auch nicht recht.
An Belo Horizonte vorbei, finden wir unsere Strasse nach Caeté. Dort geht es guter Piste durch nette Landschaft nach Barao de Cocais und zum Abzweig zum wunderschön gelegenen Kloster Caraca.
Am Eingang werden wir gefragt, ob wir oben übernachten. Wir sagen „ja“. Sie haben ja nicht nach dem „Wo“ gefragt. Denn offiziell darf man im Park nicht frei übernachten.
Die Mähnenwölfe, die eigentlich zur Gattung der Füchse gehören, schauen wir uns nicht an. Sie leben im Park, sind sehr scheu und werden für die Touristen extra angefüttert. Abends kommen sie dann an die Klostertüre neben der Kirche.
Wie wir erfahren, sind wir in der richtigen Zeit im Jahr hier, am 08.09.: da scheint die Sonne abends durch die Kirchentüre genau auf die Marienstatue vom Hauptaltar! Die Nacht ist wunderschön, versteckt stehen wir auf dem Parkplatz am Kloster. Ein riesiger Meteorit zischt an uns vorbei. Ein „Ableger“ vielleicht von dem, der dann in Peru einen 200m Durchmesser großen Krater schlug?
Am nächsten Morgen bezahlen wir unsere 10 Rial pro Auto und fahren weiter. An großen Gold-und Quarzminen geht es vorbei nach Mariana. Es ist ein richtig nettes, kleines und nicht sehr touristisches Städtchen. Sehr geschäftig, kleine Straßen, gepflegte Kolonialbauten. An der Praca Minas Gerais bilden die Kirchen do Campo und de Assis mit der Casa de Camara e Cadeia ein hübsches Ensemble.
Wir kommen nun ab Brasilia nach gut 1000km in 4 Tagen nach Ouro Preto. Wir gehen dort auf den
CCB-Camping, der an der BR 356 liegt. Die Stadt ist leicht zu Fuss zu erreichen. Mit dem internationalen Campingausweis erhält man auf allen CCB-Plätzen 50% Ermäßigung. Das „läppert sich“. Es ist ein schöner Platz, aber Freitags und Samstags wird es laut: genau gegenüber ist die Disco!

Wir laufen in die Stadt, schauen in jede Kirche, hinter alle Ecken, gehen ins Museum da Inconfidencia.Uns gefällt die Stadt sehr, sehr gut! Nur die Kirche N.S.da Carmo ist geschlossen, wie jeden Sonntag nach dem Gottesdienst bis Dienstag.
Ach, wir haben heute schon genug Kirchen gesehen.
Ein letztes gemeinsames Abendessen am Campingplatz und am nächsten Tag fahren wir weiter:
Markus Richtung Rio, wir Richtung Vitoria auf der BR 262.

Das Land rechts und links der Strasse wird hügelig. Es gibt viel Landwirtschaft, vor allem schon Kaffeeplantagen, Holzwirtschaft, und Regen! Den hatten wir schon ewig nicht mehr.
Hinter Ibatiba geht ein Urlaubsgebiet der Brasilianer los: schwarze, glatte Felsen-wir sagen immer: lauter kleine Zuckerhüte, Estancias und viele Facendas, die man sich leisten können muss, laden die Touristen zum Urlaubmachen ein.
Vor Marechal Floriano liegt das Schutzgebiet Piedra Azul. Felsen, die durch Flechten blau erscheinen, geben dem Gebiet seinen Namen. Wir haben uns die Bilder zeigen lassen von brasilianischen Campern. Es muss dort sehr schön sein. Aber bei uns regnet es, die Wolken hängen auf der Strasse, es ist scheusslich. Wie lange geht das noch so? Kann hier angeblich länger dauern, die Kaffeeplantagen danken es mit reicher Ernte.
Wir beschliessen, weiter zu fahren. An der Küste ist das Wetter meistens schön. Wir schauen noch kurz in das deutschstämmige Städtchen Domingos Martins zum Einkaufen.
Die Strasse fällt nun ca.1000m vom innerbrasilianischen Hochplateau steil ab bis an die Küste.
Mit dem Küstengebirge im Hintergrund kommen wir an die Praia de Setiba, nördlich von Guarapari.
Auf dem ausserhalb der Saison fast leeren CCB-Camping richten wir uns für die nächste Zeit ein. Auch hier kommt nun für einen Tag der Regen hinter uns her.