08.08. bis 23.08.2007
Wir haben heute morgen herrliches Wetter in Marcapata, verabschieden uns herzlich von Padre Peter und fahren weiter.
Immer in 1000m-Stufen in das Tiefland, den Urwald von Peru. Das Tal weitet sich, wird grün und feucht und bald kommen wir ganz schön ins Schwitzen, denn die Wärme von 25°C und mehr sind wir nicht mehr gewohnt.
Wolken hängen an den Bergflanken, es ist feucht und einen blauen Himmel werden wir für längere Zeit nicht mehr sehen. Die Menschen hier sind Indios aus dem Tiefland, ihre Häuser stehen auf Pfählen. Die Leute holen Maniok gleich mit der Machete aus dem Feld im Wald hinter ihrem Haus. Rechts und links der Piste, die immer noch sehr gut ist, fließen kleine Bäche, die Piste selbst ist trocken. Sträucher und Bäume blühen, Bananenstauden stehen um jede Holzhütte herum, es werden Schweine und Hühner gehalten. Bunte Vögel und sogar einen Affen sehen wir.
Bald kommen wir durch Quincemil, es nieselt etwas, vielleicht sind es auch nur die Wolken, die bis auf die Straße reichen. Und das ist Trockenzeit! Nahe einem Dorf beginnt wieder ein kurzes Stück Baustelle. Wir müssen warten.
Die LkW-Fahrer machen ein Schläfchen, die Kinder spielen im Schlamm, die Erwachsenen dösen vor sich hin, reden miteinander auf der Straße, ein Bus bringt Leute aus Quincemil von der Arbeit(?). Gegen 17°° können wir weiter fahren. Es geht ganz gut, mal über kleine Bäche, tiefe Schlaglöcher und mit dem letzten Licht kommen wir in das Arbeiter-Camp San Lorenzo.
Hier erwartet uns die nächste „Straßensperre“ wegen Bauarbeiten. Die folgt die längste Strecke und auch die schwierigste. Immer abends ab ca. 17°°können die Fahrzeuge weiterfahren bis Santa Rosa, das dauert ca. 4 Stunden. Dann beginnt der nächste Bauabschnitt, der auch nur abends zu befahren ist. Das heißt letztendlich für uns, dass wir erst morgen Abend weiter können. Das ist nicht weiter schlimm, es gibt genug zu sehen. Im Camp können wir sicher stehen, haben auch Wasser, aber keine Dusche und keine Toilette. Aber ein paar Meter weiter beginnt ja der große Wald.
Das Camp entwickelt sich langsam zu einem Dorf mit Läden, Häusern und Restaurants. Die Straßenbau-Arbeiter, die aus ganz Peru kommen, sind immer ca. 1 Jahr in diesen Camps, dann ziehen sie mit den Baustellen weiter. Zwischendurch haben sie Urlaub und leben ca. ¼ Jahr bei ihren Familien, meist in der Regenzeit, wenn nicht viel weiter gearbeitet werden kann. Aber sie verdienen auch als Facharbeiter sehr viel Geld für die hiesigen Verhältnisse, erzählen sie uns. Einige sprechen sogar etwas englisch. Von dem Camp aus bzw. dem Dorf werden sie mit Essen und Trinken versorgt. Manche haben kleine Holzhütten gebaut und ihre Frau und Kinder hierher mitgenommen.
Heute gehen wir im „Restaurant“ billig und gut essen und werden zu einer kleinen Attraktion. Selten kommen Touristen hierher, wir treffen jedenfalls keinen und wissen nur von einem belgischen Paar, das die Strecke vielleicht fahren wollte.
Die Nacht ist herrlich und voller unbekannter Geräusche und Stimmen aus dem Wald. Auf dem Altiplano hörten wir fast nur den Wind.
Endlich ist es 16°°, wir reihen uns an vierter Stelle in die Schlange der wartenden LkW’s ein. Knapp ½ 18 Uhr,
nach 1 ½ Std. warten, setzt sich die ganze Kolonne unter lautem Getöse in Bewegung.
Gleich ist es dunkel. Der Wald ist dicht, die Piste sehr schmal, eng, kurvig, die Scheinwerferlichter geistern durch die Nacht. Es geht durch zahllose Bäche, durch Umleitungen, durch Baustellen, an Baumaschinen vorbei, manchmal kommen uns die Baufahrzeuge auch entgegen. Da ist es gut, wenn die Lastwagen vor uns sind, so finden wir die Ausweichen wenigstens im Dunkeln. Sie sind auch nicht immer als solche zu erkennen in diesem Dreck und Matsch.
Wir kommen durch Siedlungen, die Piste geht mal über einen Berg, dann in ein Tal. Manchmal sieht man ein Licht im Wald versteckt. Die LkW’s fahren die Piste mit traumwandlerischer Sicherheit, wir hinterher und erleben so eine grandiose Nachtfahrt! Allein hätten wir im Dunkeln sicher Schwierigkeiten gehabt, denn oft gehen mehrere Pisten ab, in den Flussbetten und in den Wasserlaken, vom letzten Regen so groß wie kleine Weiher, würde man die Furt nur sehr schlecht finden.
Es gibt keine Schilder, wir wissen nie richtig wo wir sind. Über uns ist nur der Sternenhimmel, neben uns die Vegetation und die Scheinwerfer der Kolonne leuchten wie Irrlichter bis hoch in die Baumkronen. Die Scheinwerfer leuchten sowieso dorthin wo sie wollen und nicht wie sie sollen. Das kann, wie man sieht, auch Vorteile haben. Die Piste ist immer gut ausgeleuchtet.
Wir kommen in eine größere Siedlung oder gar Stadt? Eine Tankstelle direkt an der Straße sehen wir nicht für die Nacht, suchen wollen wir nicht. Es herrscht ein mords Trubel: LkW’s, Busse, Autos, Mopeds, fliegende Händler, alle sind unterwegs, die Läden sind offen und die Restaurants und Garküchen am Straßenrand quellen über. Das muss Santa Rosa sein, darauf eingestellt, dass die „Karawane“ kommt und jeder im Ort will eine Rosine vom Kuchen ab haben.
Wir beschließen, noch 1 ½ Std. weiter zu fahren, jetzt allein, aber die Piste ist auch in Folge gut und breit.
Dann haben wir morgen alles hinter uns, auch die nächste Straßensperre. Nur einmal müssen wir auf den nächsten LkW warten, der uns den Weg durch einen halben See voraus fährt. Soviele Bach-und kleine Flußdurchfahrten, Umleitungen und das alles im Dunkeln, werden wir wohl nicht so schnell wieder unter den Rädern haben. Das ist alles in der Regenzeit nicht möglich, da wird dann auch nicht mehr gebaut, da wird Urlaub gemacht.
Wir glauben es jetzt „blind“.
Im Dunkeln sehen wir wieder ein kleines Camp wo Baumaschinen stehen, ein kleiner Laden ist noch offen und wir fragen, ob wir die Arbeiter morgen früh stören, wenn wir hier stehen bleiben. Eigentlich wollen wir nur wissen, ob wir morgen in der Früh hier umgefahren oder auf die Seite gedrückt werden. Alles ist in bester Ordnung und unser Plätzchen für die Nacht ist endlich gefunden. Es heißt „Virgen Candelaria“(?).
Der Rest der Strecke nach Puerto Maldonado ist nur noch eine große, breite und staubige Piste, die wie Asphalt zu befahren ist. Nicht so toll. Es wird richtig heiß mit 40°C. Gut dass wir im Auto eine Klimaanlage haben, denn wir müssen uns an die Hitze erst gewöhnen.
Am späten Mittag sind wir schon in Puerto Maldonado und auf dem Hof vom Hospedaje Warike bleiben wir eine Woche stehen. Der Platz ist nur für containertaugliche Fahrzeuge wegen der Höhe des Eingangstores.
Sehr schön und schattig, in einem Einzelzimmer für 25 Sol haben wir Dusche, Toilette und Abstellraum. Es gibt viel zu tun: Wäsche waschen, Auto putzen, Tagebuch schreiben, im Internet telefonieren und mailen, Friseur, einkaufen, Geld wechseln und das Auto muss in die Werkstatt zur Wartung.
Jeweils eine zusätzliche Blattfeder lassen wir einbauen, vier neue Stoßdämpfer, neuen Dieselfilter, neuen Ölfilter mit Ölwechsel, alles abschmieren, komplette Autowäsche mit Unterboden- und Motorwäsche. Zusammen für umgerechnet 250€. Es ist alles so ordentlich und gewissenhaft mit original Ersatzteilen gearbeitet worden, die Leute waren so freundlich, da könnte sich manche Werkstatt in Deutschland „eine Scheibe von abschneiden“! Und Uwe bekam noch ein Toyota-Poloshirt vom Chef zum Abschied geschenkt. Den ganzen Tag waren wir dort, haben geredet, zugeschaut, Brotzeit für alle geholt (eine belegte Semmel 15€cent) und sie bedauert, dass sie so schwer arbeiten müssen. Eine kurze übliche Umarmung und wir waren „entlassen“.
Zu Uwes Geburtstag gehen wir wie fast jeden Tag im Hotel „Quinta“ hinter der Uni essen.
Es wird langsam Zeit weiter zu fahren. Alle Kanister und der Tank sind wieder voll, Getränke und Essen eingekauft.
Zunächst geht es mit der Fähre unten am Fluss über den Rio Madre de Dios. Hier ist auch für die großen Touris ein bewachter Parkplatz für 3 Sol/Tag, wo die Lkw’s auch über Nacht auf die Überfahrt warten. In der Regenzeit wird die Fähre zeitweise eingestellt. Durch dichten Urwald, über Flüsse, diesmal aber per Brücke!, kommen wir ziemlich schnell zur brasilianischen Grenze bei Inapari.
Der peruanische Zoll und die Polizei sitzen jeweils in einer kleinen Holzhütte, an der wir zunächst vorbei fahren. Mit einem Mofa „fängt“ uns der Polizist ein und holt uns zurück. Er ist sehr nett und wir sind wohl nicht die ersten, denen das passiert. Bei zwei älteren Frauen vor einem „Restaurant“ in Inapari wechseln wir Dollar und unsere restlichen Soles in brasilianische Real. Das ist ganz wichtig!! Denn bis Rio Branco gibt es keine Möglichkeit, Geld zu wechseln!
Nicht mal „schwarz“, unglaublich! Man kann ganz schön in Schwierigkeiten kommen, wenn die Tanks leer werden und Hunger und Durst einen plagen, denn Dollar oder gar € werden auch nicht angenommen. Wir versuchen immer bei der HSBC-Bank zu wechseln. Hier funktioniert die ec-Karte und man bekommt immer 1000 Reais, z.T. sogar bis 2000.
Auf der anderen Seite der Grenzbrücke ändert sich die Vegetation schlagartig: nur durch Brandrodung geschaffene Weideflächen, ab und zu ein einzelner unter Schutz gestellter Baum, der sowieso bald von allein umfällt.
Überall brennt es, qualmt es, die Erde ist oft genug soweit das Auge reicht schwarz. Entsetzlich!
120km weiter in Brasiliéia sind dann die brasilianischen Einreisebehörden: in der Stadt nahe der kleinen Kirche ist die Polizei und an der Brücke nach Bolivien die Migracion. Ohne Portugiesisch ist es zunächst gar nicht einfach etwas zu erfragen; man spricht weder Spanisch noch Englisch bei der Touristinformation. Irgendwie klappt aber immer alles und der nette Zöllner sprach Englisch! Übrigens wird das Carnet nicht benutzt, das bürokratische Brasilien „muss“ zig
Zettel ausfüllen mit ganz vielen Unterschriften. Das dauert, aber wir haben ja Zeit und es ist immer mit einem netten
„Plausch“ nach dem Woher und Wohin und mit dem oft deutschen Geburtsort der Urgroßeltern verbunden.
Auf den genialen Tankstellen, mit Duschen, WC, Restaurant, manchmal sogar Internet, übernachten wir in Brasilien.
Am nächsten Tag fahren wir mit der Fähre über den Rio Madeira, die ehemalige Schlagader für die Kautschukbarone
in Bolivien. In Abuna steht die letzte Eisenbahn der Kautschukbahn in den bolivianischen Urwald. Auf guter aber langweiliger Asphaltstraße erreichen wir Porto Velho. Eine quirlige Stadt mit dem Hafen, wo die Schiffe zum Amazonas, nach Humaitá und weiter nach Manaus fahren. Wir erkundigen uns schon mal nach Kosten und Fahrzeiten, denn wer weiß, was kommt. Auf hervorragender riesiger Tankstelle übernachten wir.
Nach drei Tagen endlich, an denen wir nur riesige Zebu-Rinderherden, viele Feuer und große Rauchsäulen der Brandrodungen und ab und zu einen pink oder gelb blühenden Ipé-Baum gesehen haben, kommen wir in den Mato Grosso del Norte.
Wir fahren nach Poconé, dem Tor zur „Transpantaneira“, der 145 km langen Piste mit 118 Brücken in das Herz des Pantanal!