Kaukasus

Teil 5: Georgien Teil 2

vom 09.07.2014 bis 01.08.2014

Von unserem Nachtquartier in der Ruine unterhalb des Klosters von Akhtala fahren wir zurück zur Hauptstrasse, die uns schon bald zur armenisch/georgischen Grenze leitet.
Auf jeder Grenzseite schauen Sie uns in die Papiere, natürlich auch in unsere Kabine hinten. So etwas ist immer interessant und kurz danach sind wir wieder in Georgien.
Wir sind hier in der weiten Ebene, südlich von Tiflis, wo der Wein wächst.
Das Hauptanbaugebiet allerdings liegt weiter östlich. Weil uns der georgische Wein, weder der teure (schade um Geld!) noch der billige, nun überhaupt nicht schmeckt, brauchen wir auch keine Weinproben bei den Winzern mitmachen.

Es geht gleich weiter nach Tiflis.
Von Polen, die wir bei Kutaisi getroffen hatten bekamen wir den Tip, ins „Hostel Opera“ zu gehen, dessen Besitzer ebenfalls Pole ist und fliessend Englisch spricht. Man kann davor auf einem Parkplatz stehen, wenn man aber nicht breiter ist, wie ein normaler Pick-up, also so absolut maximal 2m, dann kann man auch ‚reinfahren.
Das machen wir, stehen schön luftig auf der Terrasse, zahlen umgerechnet 8.-€ pro Tag mit WiFi, kühlem Aufenthaltsraum, Küchenbenutzung, gratis Waschmaschine und einem schönen Blick über die Stadt. Ein kleines gemütliches Hostel, wo man die Hitzewelle von derzeit ca. 40° gut übersteht und faulenzen kann. Ausserdem ist es nicht weit zur Metro in die Innenstadt. Wir bleiben sechs Tage, fahren immer mit der Metro in das Zentrum von Tiflis. Es gefällt uns recht gut, Tiflis hat nette Parks und viele, viele Bäume. Städte mit uralter Tradition, Tiflis lag sogar an einem Teil der Seidenstrasse, strahlen noch heute Würde aus.

Wir schauen uns das Wesentliche an, bummeln durch die alten Gassen, leider schauen die nicht touristischen Gegenden sehr schlimm aus! Nahe unserer Metrostation liegt der Friedensplatz mit dem alten Rathaus und dem Denkmal des Heiligen Georg, Georgiens Schutzpatrons, das golden über dem brausenden Verkehr leuchtet. Von hier geht auch die Rustaweli-Strasse ab, die Prachtstrasse von Tiflis. An ihr liegen viele der bedeutenden Bauwerke wie das Rustaveli-Theater, das Theater&Film-Institut, Justizministerium usw., natürlich auch schöne Geschäfte.
Wir treffen im Hostel Opera viele Reisende, natürlich hauptsächlich Polen und sehen alle gemeinsam das Endspiel der Fussballweltmeisterschaft an. Zu Essen bekommen wir gebratene Sardinen und Brot. Auf dem Fussboden sind Matratzen ausgelegt für diejenigen, die keinen Stuhl mehr bekommen konnten, also auch für uns. Es ist recht gemütlich. Der deutsche Sieg wird laut bejubelt und mit Sekt auf Kosten des Hauses gefeiert. Nachts um 3°°Uhr fallen wir ins Bett.
Am nächsten Tag ziehen wir weiter.
Es geht nach Mtskheta, mit der wunderschönen Klosteranlage, von der die Swetizchoweli- Kathedrale noch sehr gut erhalten ist und zur Samtowro-Kirche im Nonnenkloster. Es ist hier recht interessant weil wir einen großen Gottesdienst an einem Grab beobachten können, der, so nehmen wir an, zur Erinnerung an den Toten abgehalten wird. Es scheint sein Geburtstag oder Sterbetag zu sein. Auf dem Grab und auf nahebei extra aufgestellten Tischen gibt es für die gesamte Gesellschaft incl. Klerus Essen und Trinken, das die Frauen in großen Körben, Töpfen und Tellern mitbringen. Es ist nicht gerade wenig und es riecht sehr gut! Und kein Krümel bleibt übrig.
Den Weg hinauf zum Dschwari-Kloster auf dem Berg über der Stadt verkneifen wir uns. Sicher ist der Ausblick grandios aber erstens wollen wir unser Auto etwas schonen und zweitens ist das eine tolle Ausrede für unsere Faulheit in der heissen Zeit.
Na, ja, und eine Kirche mehr oder weniger,….Vielleicht kommen wir ja auch mal wieder hin. Georgien kann man sicher ein zweites mal besuchen, uns gefällt dieses Land hier sehr, sehr gut. Auf dem Parkplatz treffen wir noch einen Franzosen der in Japan gelebt und gearbeitet hat; spontan bleiben wir alle einen Tag länger zum gemeinsamen Fachsimpeln in Sachen Reisen.

Am nächsten Vormittag fahren wir in höher gelegene Regionen, ins Gebirge, in den Kaukasus zurück.
Nicht allzu weit nördlich von Mtskheta kommen wir nach Ananuri, das wunderschön über dem dazugehörenden, blau leuchtenden Stausee liegt. Georgier pilgern zu dieser Kirche, die noch sehr gut erhalten ist, wunderbare Steinmetzarbeiten und noch viele gut erhaltene Inschriften vorweist, die wir aber leider nicht lesen können.
Hier treffen wir auch wieder nach sehr langer Zeit Reisegruppen aus Deutschland an.

Schön langsam zieht die Strasse weiter hoch ins Gebirge.
Wir sind nun endlich auf der „Georgischen Heerstrasse“! Solange wir reisen, solange wollten wir schon immer hier her! Solange wir ins Gebirge gehen, wollten wir schon immer in den Kaukasus! Aber immer hat uns die große Politik im Wege gestanden. Endlich ist es soweit. Durch dieses Tal fahren wir nun mit dem eigenen Auto.
Wahnsinn, man muss es nur erwarten können.

Wir fahren hoch bis in das heutige Skigebiet von Gudauri auf knapp 2200m. Es liegt ca. ½ Stunde unterhalb des Kreuzpasses und ist bekannt für Heliskiing.
Auf dem Kreuzpass ist ein kleiner Friedhof, auf dem deutsche Kriegsgefangene begraben wurden, die bei der Instandsetzung bzw. dem Ausbau der Heerstrasse im 2. Weltkrieg umgekommen sind. Einsam weht eine kleine deutsche Fahne am schmiedeeisernen Eingang. Vielleicht hat hier jemand seinen Großvater besucht.

Die Heerstrasse führt ab hier bergab in die Darialschlucht. Das Tal wird enger, die Strasse kurvenreicher, rechts und links gehen schmale tiefe Täler ab.

In eines davon fahren wir hinein, in das Sno-Tal. Das Wetter wird schlecht, wir können die umliegenden Berge kaum sehen. Die Piste durch die kleinen Ansiedlungen ist saumäßig, die tiefen Löcher mit Wasser gefüllt. Aber wenigstens regnet es nicht mehr. So machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach Dhjuta. Eine ganz schmale einspurige Fahrstrasse geht es bergauf, mit wenigen Ausbuchtungen aber vielen Tour-Autos, die alle ihre Gäste hoch in die Hostels, Guesthäuser und ins Hotel bringen.
Wir bleiben mit dem Auto lieber unten stehen und laufen hinauf ins Dorf. Von Dhjuta aus gehen Trekkingtouren in die Kaukasus-Dörfer los. Die Wände, die wir ab und an aus den Wolken blitzen sehen, sind augenscheinlich sehr schwer und nicht für jedermann. Schauen aber super aus.

Am nächsten Tag scheint die Sonne, am Himmel segeln dicke fotogene Wolken über uns hinweg. Das geniesst auch Mutter Sau mit ihren zehn Frischlingen! Und deshalb schmeckt hier der meist gekochte oder auch gepökelte Schinken und das gekochte Wammerl so überaus gut!
Bei Achkhoti kommen wir wieder zurück zur Heerstrasse und fahren noch ein paar Kilometer weiter nach Kazbegi, dem heutigen Stepandsminda.

Wir fahren aber gleich durch, hinauf zum Gergeti Kloster, auf georgisch Zminda Samebamit mit „Kazbeg-Blick“. Es soll uns nicht wieder das Wetter die Sicht vermasseln, und heute ist „Kaiserwetter“!
Die Piste ist eine wahre Katastrophe, für 6,5 km brauchen wir etwas über eine Stunde. Wenn es hier regnet, dann kommt man nicht mehr ohne Probleme ‚runter. Selbst in der Mongolei war keine Piste so schlecht! Man hat es uns aber prophezeit, dennoch sind wir hoch, haben oben übernachtet und wir haben es nicht bereut! Der Blick bei Sonnenaufgang auf den 5047m hohen Kazbeg ist phantastisch!
Natürlich haben wir die Kirchenanlage ebenfalls besucht und den schönen Blick ins Tal genossen. Den ganzen Tag haben wir mit Schauen, Rumlaufen, mit dem Fernglas die Umgebung betrachten verbracht.
Beim nächsten Morgengrauen, am sehr frühen Morgen müssen wir schon ‚raus aus den Federn. Der Kazbeg lässt sich wahrlich nicht lumpen! Sein Anblick bei aufgehender Sonne (sie kommt genau aus der richtigen Richtung) ist absolut grandios! Unvergesslich.
Was interessiert uns da das Fahrgestell unseres Autos. Solche Sonnenaufgänge hat man nur im Hochgebirge!
Wir arbeiten uns nach dem Frühstück wieder bergab, frühmorgens kommen noch nicht so viele Taxen hoch gefahren, das bedeutet etwas weniger Stress für uns. Die Taxen sind hier alle kleine 4×4-Busse, Mitsubishi Delica, der bei uns L300 heisst, die für die Touristen wie in ganz Georgien unterwegs sind. Mit einem normalen Auto geht hier gar nichts. Die Piste und der Weg durch das obere Dorf sind sehr schmal, mit sehr kurzen, engen Kehren und wenig Ausweichen.

Im kleinen Garten von „Nunu’s Guesthouse“ können wir stehen. Neben uns zelten noch ein Japaner, dann Franzosen, es ist ein steter Wechsel. Auch Deutsche kommen, es ist sehr gemütlich und freundlich hier. Und weil wir uns schon gut auskennen, überlässt uns Nunu bald die Begrüßung der Gäste wenn sie selbst mal zum Tratschen oder Kaffeetrinken um die Ecke gehen möchte.
Wir bleiben bei Nunu sechs Tage. Gehen einkaufen, kochen, gehen zum Friseur in der Hinterstube eines Bekleidungsgeschäfts, erzählen mit den anderen Touristen, bringen mal wieder alles quasi „in die Reihe“, waschen bei Nunu unsere Wäsche.
So genau wissen wir ja nicht, was kommt.

Auf der Beifahrerseite ist schliesslich nach der Gergeti-Piste das Fahrgestell vom Ford auch leicht angerissen. Wir erkundigen uns schon mal zu Hause, was da auf uns tüv-technisch zu kommt und beschliessen, dem ganzen Procedere und den Kosten, sie schwanken zwischen 400.- und 7000.-€, auszuweichen.

Wir fangen an zu planen, wie ein Leben ohne TÜV aussehen könnte und werden uns ab jetzt nicht mehr so viel Zeit lassen.
Am 01. August nehmen wir Abschied von Nunu und fahren wieder weiter.

Das seit Jahrhunderten strategisch wichtige Tal des Terek ermöglicht den einzigen Übergang über den grossen Kaukasus. Römer, Perser, Byzantiner bis hin zu den Russen, kämpften um die Vormacht über dieses Nadelöhr. Zwischen 2006 und 2010 war der Übergang schon wieder geschlossen wegen des Georgisch-Russischen Krieges, des Kaukasus-Konflikts. Gott sei Dank ist der Konflikt  beigelegt und die Grenzen wieder offen. Vor gut zwei Monaten war die Strasse kurz vor der russischen Grenze wieder zu. Wegen Dauerregen und schweren Gewittern kamen riesige Muren herab und haben das ganze Tal, die eigentliche Darialschlucht, verschüttet. Die Spuren sind als wir dann hin kamen noch gut zusehen. Russen und Georgier haben die Arbeiten gemeinsam geschafft, der Durchgang ist passierbar. Wir können also die Heerstrasse komplett weiter fahren.

Es soll nun zum zweiten Mal nach Russland ‚rein gehen. Wir sind kurz vor der Grenze.

Und wie es da so ist, welche Probleme es gibt (was andere immer denken wegen der Ukraine, die ja „um die Ecke“ liegt), das erfahrt Ihr dann im nächsten Bericht.