Kaukasus

Teil 1: von Fürstenfeldbruck über Italien und Griechenland nach Albanien

vom 27.04.2014 bis 21.05.2014

Auch dieses Jahr kommen wir vom Überwintern am 18.03. aus Thailand zurück.
Zeit hatten wir im Winter genug zum Pläne schmieden und die Vorbereitungen sind irgendwie schon zur Routine geworden. Dank Internet ist es auch heutzutage absolut problemlos, Infos zu sammeln.
Wir holen unser Auto aus dem „Winterlager“ bei lieben Bekannten, unternehmen und bekommen etliche Besuche von Familie, Freunden und Bekannten zwischen Fürstenfeldbruck und Berlin.
Ich hab‘ schon geglaubt, das Kochen im Winter verlernt zu haben, nach soviel Thailand-Kost, aber es ging dann doch noch. Allen hat es geschmeckt.
Die Visa für Russland werden wieder bei Spomer beantragt (www.Visum.net), Reiseführer und Karten in München und über’s Internet besorgt, das „www“ nach für uns Wichtigem durchforstet.
Dann packen wir zwischen etlichen Regengüssen das Auto und am 27.04. starten wir mit der Hoffnung auf besseres und wärmeres Wetter zu unserer Reise 2014.

Bei Regenwetter geht es über den Brenner bis kurz vor Triest, dann in das recht schöne Valsugana bis in das Städtchen Valstagna, wo wir bei weiterhin strömendem Regen direkt am Fluss übernachten. Der Parkplatz ist gleich beim „Paddler-und Raftingzentrum“.
Am nächsten Tag, ab Bassano wird es langsam trockener, an Padua vorbei, und wir gehen auf den Stellplatz von Mesola. Wir schlendern umher, Spargelfest ist. Aber kein Mensch kommt, klar, es schüttet bald wieder wie aus Kübeln.
Am nächsten Tag fahren wir durch bis Fano. Die Sonne scheint, das Städtchen gefällt uns gut: kleiner Flusshafen, nette Promenaden am Meer, Fischereihafen an der Küste und alles ist gleich vom Stellplatz aus in kürzester Zeit zu erreichen. Das denken sich andere Camper natürlich auch, entsprechend ist es voll.
Endlich geht es dann nach Ancona. Wir werden gleich eingewiesen in die Schlange der Wartenden. Da kommt auch schon das Fährschiff! innerhalb kürzester Wartezeit geht es aufs Schiff. An der Schiffs-Rezeption bekommen wir unsere Kabine zugewiesen-es kann los gehen. Essen, d.h. Brot, Wurst und Käse, etwas Bier und Wein haben wir als Selbstverpfleger mitgenommen. Meist gibt es eh nichts Gescheites auf solchen Schiffen. Die Kabine ist aber ok.

So kommen wir gemütlich am nächsten Vormittag in Igoumenitsa an. Die Uhren werden normal eine Std. vorgedreht für Griechenland, Albanien hat aber ital. Zeit, also lassen wir sie wie gewohnt weiterlaufen. Natürlich: es giesst!
Das kann ja heiter werden.

Um 11°° stehen wir an der Grenze nach Albanien. Die Grenzer blättern in unseren Pässen und staunen über die vielen verrückten Grenzstempel aus der halben Welt, geben uns unseren Einreisestempel mit kleinem Auto, die Zöllner lachen und winken uns durch.
Wir sind in ALBANIEN!
Ein Land, um das wir schon zig mal herum fahren mussten, dass wir schon oft von der Fähre nach Griechenland aus gesehen haben, ein Land, von dem die wildesten Geschichten erzählt wurden, auch von Karl May, dessen Bücher man alle als Kind gelesen hat.
Heute gibt es da keine Abenteuer mehr zu bestehen. Die Menschen sind unheimlich nett und hilfsbereit, ihr Land ist das ärmste Land Europas. Es ist sicher auch das ursprünglichste, unverdorbenste Land Europas-hoffentlich können sie sich lange genug gegen die Mitgliedschaft in der EU wehren, wenn nicht, sind das alte albanische Leben und seine Traditionen vorbei.

Fahren wir also zur nächsten Stadt, nach Saranda. Geld wechseln, einkaufen und an der Küste zurück nach Ksamil. Dort gehen wir für ein paar Tage auf einen Camping/Stellplatz.
Mit Hilfe der Besitzerstochter, die aufs Gymnasium geht und fliessend Englisch spricht, besorgen wir uns eine sim-karte für’s Internet, treffen andere Reisende, erfahren einiges über Land und Leute und können uns nun langsam voller Neugier auf Albanien stürzen.
Bis jetzt giesst es wie aus Kübeln. Das Balkan-Unwetter, Mazedonien und Kosovo sind ja um die Ecke, hat uns voll erwischt. Andere Reisende brechen gerade ihren Urlaub in Albanien nach drei Wochen ab, sie hatten nur Regen und nun wollen sie nach Süditalien, denn dort soll das Wetter besser sein.

Wir erwischen eine kurze Schönwetterperiode und schauen uns Butrint an.
Die Strasse dorthin ist gut und der Fernblick auf die Berge, den See von Butrint, das Meer, ist sehr schön. Unten sieht man bald die kleine Fähre über den Kanal, nebenan ist der Eingang zur Ausgrabungsstätte: Einmal das antike Buthrotum, zum anderen die italienische Festung aus dem 19. Jahrhundert, in der ein kleines Museum untergebracht ist und von wo man einen schönen Blick auf die Umgebung hat.

Wenn man erst einmal Eintritt bezahlt und eine kleine Gratis-Karte bekommen hat (200Lek/Person), kann man sich ohne jegliche Abzäunungen oder Schilder völlig frei auf der kleinen Halbinsel tummeln. Ab und an findet man Schilder, die das Sehenswerte erklären. Man kann selbst zum Entdecker werden, sich in das kleine Amphitheater setzten und auf die nächste Vorstellung (der vielen Wasserschildkröten) warten oder den eindringlichen Melodien (der tausend Frösche) zuhören. In den Resten der Thermalanlagen könnten wir sogar schwimmen, soviel Wasser steht überall von den wochenlangen Regenfällen.
An der Basilika vorbei gehen wir durch das Löwentor. Warum das so heisst? Das eingemeisselte Tier schaut heute eher wie ein Wildschwein mit Löwenhinterteil aus. So ändern sich die Zeiten.
Bald kommt man zur Akropolis, wo nun die italienische Festung steht und das kleine Museum besichtigt werden kann. Es gibt viele Stellen zum Rasten, Geniessen, zum Schauen.

Nach unserer Butrint-Besichtigung bummeln wir langsam die Küstenstrasse hoch gen Norden.
Bei Porto Palermos finden wir einen sehr schönen Platz für die Nacht auf der kleinen Halbinsel mit Burg. Hier begrüßt man uns gleich mit einem großen Beutel Gemüse und Kartoffeln. Als Gegenleistung gibt es eine Art große Bockwurst, die hier sehr lecker schmeckt. Wir scheiden am nächsten Morgen als Freunde.
Und in der Hoffnung, dass das Wetter noch etwas hält fahren wir gleich zum Llongara-Pass weiter. Eine schöne gute Passstrasse mit tollen Ausblicken auf das Meer führt uns hinauf. Aber ab dem zeitigen Nachmittag ist das ganze Gebiet unter dicken Wolken verschwunden, es nieselt und ist kalt. Eine Wandergruppe erzählt uns, dass sie morgens oft schönes Wetter hatten, aber ab mittags war es dann schlimm. Nun, dann gehen wir am nächsten Morgen wenigstens zu den Antennen über dem Pass hinauf.
Der Weg ist kurz, wir bummeln mit herrlichster Fernsicht in 1 ½ Stunden zu den Antennen und stehen oben im Nebel. Etwas unterhalb ist es aber traumhaft schön, im Sonnenschein zu sitzen und zu schauen.

Langsam, an Vlore, einer großen modernen Stadt mit ausbaufähiger Promenade (Klein-Nizza?) vorbei fahren wir von der Hauptroute runter und auf die kleinen Strassen, die uns nach Apollonia bei Fier führen sollen. Es ist eine schöne Gegend, wir kommen durch schon fast urtümliche landwirtschaftliche Gebiete, die Strassen sind hier abenteuerliche Feldwege-es sind richtige alte albanische Hauptstrassen, nicht als Pisten gekennzeichnet auf unserer Karte. Gut, dass nur wenige Autos hier unterwegs sind, vorwiegend Traktoren, steinalt und damit klein. Es ist unheimlich interessant, so in unsere Vergangenheit, wir schätzen, in die Zeit um 1955 ‚rum, schauen zu können.

Vor dem Eingang von Apollonia können wir gut auf einer Wiese übernachten. Es ist ein Kassenhäuschen da, aber niemand will von uns Geld. Auf der Rückfahrt fragen sie uns, wo wir denn herkämen? „Aus Deutschland!“ „Oh! Fahrt weiter!“ Wir scheinen hier gern gesehen zu sein.
In Apollonia gibt es nicht viel zu sehen, man könnte auch sagen, es ist nicht so komplett wieder aufgebaut wie z.B. Ephesus. Hier darf eine Restruine noch als solche bestaunt werden. Und das gefällt uns auch sehr gut. Ziemlich nachgeholfen hat man bei der Tempelfassade, die restlichen Ruinen des Amphitheaters/Odeons, der Bibliothek, Fundamente von Wohnhäusern und die Marktstrasse sind noch ziemlich ursprünglich. Von dem alten Akropolis-Hügel aus hat man eine schöne Fernsicht und kann sich gar nicht vorstellen, dass hier die Adria bis fast an die Stadt reichte. Inzwischen ist das Meer stark zurück gegangen. So, wie die Stadt Adria in Italien ja nun auch inzwischen weit im Landesinneren liegt.
In der Umgebung findet man auch noch viele Bunker und Unterstände aus der Zeit Enver Hoxha’s, der mit allen Kräften „sein“ traditionelles Albanien verbessern und erhalten wollte, was ja aber, wie die Geschichte zeigt, mit seinen Mitteln nur um einen unendlich hohen Preis an Menschenleben geklappt hat.
In Apollonia sind nicht nur die antiken Reste dieser Stadt, sondern nebenan auch das alte byzantinische Kloster von Pojan zu besichtigen. Das Museum war geschlossen, allerdings haben wir uns auch nicht um Einlass bemüht. Die gesamte kleine Anlage ist sehr beschaulich, die Kirche und der Kreuzgang werden augenscheinlich weiter restauriert. Ein schönes Plätzchen auf dieser Erde.

Über Lushnje und Peqin fahren wir weiter Richtung Elbasan. Dann vor der Stadt links auf der alten Strasse, nicht auf der nagelneuen Autobahn, nach Ibe und über Mullet nach Sauk bei Tirana.
In Sauk ist jetzt direkt an der Autobahnausfahrt ein riesiges Einkaufszentrum, Carrefour, aus dem Boden gestampft worden und an der alten Strasse von Sauk nach Tirana liegt das Hotel Baron mit dem Stellplatz für Tirana.
Aber soweit sind wir noch nicht, wir müssen erst noch bis fast Elbasan, bis Bradashesh, fahren, wo der alte Verhüttungskomplex des Kombinats aus „Urväterzeiten“steht. Es muss schlimm gewesen sein, so, wie es da aussieht! Gott sei Dank ist die Anlage nun stillgelegt und rottet mehr oder weniger vor sich hin. Wir fahren die alte Landstrasse nach Tirana in die Berge hoch, von dort kann man die Fabrik noch gut betrachten. Die Strasse ist asphaltiert, geht schmal und kurvig an kleinen Dörfern vorbei, Wald und schöne Aussichten wechseln sich ab. Und natürlich kommen auch etliche Tropfen Regen wieder vorbei.

Nachmittags treffen wir im Hotel Baron ein. Davor ist eine Tankstelle wo man erst mal parken kann. Dann besser erst ‚reingehen und fragen, denn entweder ist alles frei oder die Autos werden umgesetzt. Manchmal steht schon eine Reisebus da, dann wird rangiert. Man bemüht sich unendlich, ist sehr nett und der Platz ist ideal für eine Tiranabesichtigung. Mit dem Bus geht’s nach Tirana oder ins Einkaufszentrum zu Carrefour. Das Essen im Restaurant ist sehr gut und preiswert!
Da bleiben wir doch gleich für ein paar Tage, in der Zeit können wir Wäsche waschen lassen und bei dem Regenwetter ins Einkaufszentrum gehen. Bei dem ersten Schönwettertag fahren wir nach Tirana ‚rein.
Die Stadt ist ja nicht so groß, übersichtlich, alles ist zu Fuss zu erlaufen. Allerdings ist man unterwegs! Wir machen das in zwei Etappen: einmal Skanderbeg-Platz mit allem was dazu gehört, dann einfach durch die Stadt zum kleinen Markt bummeln, was essen und zurück zum Auto.
Allerdings waren wir nicht im Nationalmuseum. Wir hassen es, wenn man alles, also Handtasche, Beutel, Fotoapparat, selbst den Reiseführer abgeben muss!
Am nächsten Tag sind wir dann an der modernen neuen Kathedrale vorbei, durch den Rinia-Park zum Skytower, das ist Tiranas höchstes Gebäude. Im obersten Stockwerk gibt es eine Dreh-Bar, darunter ein Restaurant mit Terrasse, von wo man einen schönen Blick über die Stadt hat. Unten kann man die Wohnanlage von Hoxha und den Mitstreitern seines Regimes mit den privaten Wohnhäusern sehen. Es ist das sog. Blloku-Viertel: die Villen waren mal sehr schön, die Strassen nobel und alles geschlossen wie ein Condomino. Heute ist es eine angenehme Gegend mit kleinen Geschäften, Kneipen, Restaurants, hat viel Flair, den sich aber das normale Volk auch heutzutage wieder nicht leisten kann.
Wir gehen zur ziemlich verfallenen Pyramide, die als Rutschbahn benutzt wird, zum Regierungssitz und das reicht dann langsam.

Von Tirana ziehen wir weiter, wollen in das so tolle Kruja. Oben soll es einen Parkplatz geben, der ist aber gerammelt voll, der nächste ebenfalls. Wir sind noch gar nicht richtig da, schon werden wir regelrecht von den Leuten „überfallen“: Führung machen, Klöppeldecken kaufen, in den nächsten Laden, in das nächste Restaurant kommen,..-wir drehen um und fahren weiter.

Über den sehr teuren Holländercamping von Barballush geht es weiter nach Shkodra. Dort soll es an der Festung Rozafa Parkplätze geben, für WoMo’s geeignet. Aber ein ehemaliger Parkplatz unterhalb der Burg ist nicht mehr zugänglich, der andere für uns weder zum Parken geschweige denn zum Übernachten geeignet. Er ist sehr klein, direkt an der Strasse und voll belegt von drei Reisebussen. Die Festung „kann uns mal“, fahren wir an den Skutari See.

Dort finden wir ein herrliches Plätzchen direkt am See. Abends trübt es sich mächtig ein, der See bekommt Wellen, es wird stürmig und dann kommen die Gewitter-wir haben Weltuntergangsstimmung. Die Sturmböen schütteln unser Auto, es wackelt wie ein Boot, der Regen kommt einer Autowaschanlage gleich. So können wir nicht ein paar Tage hier verbringen.
Und da haben manche Dachzelte oder Klappdächer! Wir wissen schon, warum wir es nicht mehr haben.

Jetzt gibt es fünf Tage Dauerregen, Kälte, Schneegrenze bei 1000m, katastrophale Pisten, vielerorts „Landunter“, wir kommen praktisch kaum von der Strasse weg.
Aufgrund dieser Verhältnisse beschliessen wir, nicht nach Teth zu fahren, wir würden im Schnee stehen. Die Wettervorschau im Internet sagt nichts besseres für die nächsten 10 Tage. Ein schöner Mist, wie traurig.

Also fahren wir von Shkoder nach Puke und weiter nach Kukes. Wir fahren die alte Strecke durch viele Dörfer, in denen man nicht unbedingt seinen Lebensabend verbringen muss wenn man sieht, wie das Wetter hier ist. Die Häuser stehen unterhalb oder oberhalb der Strasse fast alle im Morast.
Vielleicht wird es ja in ein paar Tagen besser, dann könnten wir noch nach Valbona hoch ins Gebirge fahren. Aber bis und in Kukes giesst es weiter. Wir gehen dort essen und können gleich beim Restaurant übernachten. Die ganze Nacht trommelt es aufs Dach. Das Gebirge wird wieder gestrichen.
Von hier könnten wir dann aber auf die Bio-Farm von dem Besitzer des Hotel Baron fahren, der dort im Lures NP auch einen Campingplatz für Offroader betreibt. Doch jetzt liegt Schnee auf der Farm, die Wegverhältnisse auch für die Weiterfahrt sind sehr schlecht. Wir telefonieren mit dem Chef in Tirana, er rät uns dringend von der Piste ab.
Na, ja, wir wollten ja auch ‚was von der Landschaft sehen und etwas Wandern gehen. Also weiter gen Süden.

In Peshkopi kaufen wir noch Brot, bei dem Wetter ist die Stadt auch eine traurige Sache und dann fahren wir die asphaltierte Hauptstrecke gen Süden nach Shupenze.
Kurz nach Shupenze beginnt die Piste-schmal, tiefe Schlaglöcher, z.T. verläuft sie sehr hügelig, über kleine Pässe geht es ‚rauf uns ‚runter. Im Gegenverkehr kommt Gott sei Dank kein LkW, meist sind es die Überlandbusse in Mercedes-Sprintergröße und das ist manchmal schon schwierig genug. Rutschig ist es natürlich auch, öfter bröselt der Hang bisschen runter, es geht durch tiefen Wald. Von Shupenze fahren wir über Ostren i Madh, Klenje bis Librazhd. Es ist trotz des starken Regens doch sehr, sehr schön hier. In Zgosht beginnt eine neue Asphalt-Strasse, das ist ganz ungewohnt. Wir fahren noch bis hinter Librazhd, gehen in ein Restaurant zum Essen und übernachten gleich dort. Wieder trommelt der Regen auf unser Dach.

Am nächsten ungemütlichen Tag fahren wir bis Elbalsan, dann auf relativ gutem Asphalt bis Cerrik. Von Cerrik auf der alten Strasse, der Asphalt ist inzwischen oft abgefahren, kommen wir nach Belsh und von dort auf Erdstrasse mit tiefen Schlaglöchern, die mit Regenwasser gefüllt sind, nach Kucove und nach Ura Vajgurore, das auf unserer zweiten Papierkarte Guri i Bardhe heisst.
In Kucove regnet es wenigstens nicht mehr so stark, dafür riecht es stark!
Da sehen wir, dass überall kleine Ölpumpen stehen. Wir denken erst, sie wären noch aus Hoxhas Zeiten übriggeblieben und rotten nun langsam vor sich hin. Aber nein, etliche bewegen sich, ihre Umgebung ist z.T. arg versieft. Es schaut hier aus, als hätte man Filmaufnahmen aus dem letzten Jahrhundert machen wollen, aus den Zeiten vom Beginn der Industrialisierung. Unglaublich! Weil es so regnet, mache ich keine Fotos. Die Fördertürmchen, wir haben bei Wikipedia gelesen, dass hier Erdöl seit 1928 gefördert wird, sind mit Sicherheit noch die ersten, die jetzt mitten auf einem Feld, zwischen Wohnhäusern, in tieferen Regenpfützen, am Strassenrand stehen, vor sich hin pumpen in kleine Behälter. Rund um die Pumpen und Ölbehälter ist alles furchtbar ölverschmiert und stinkt.
Die ganze Stadt riecht nach Öl, scheint völlig heruntergekommen und verarmt zu sein. Die Touristenstadt Berat trägt das Ihrige zum Untergang bei. Hierher, nach Kucove, kommt kein normaler Tourist und lässt ein bisschen Geld da.

Ein paar Kilometer weiter, gehen wir auf den netten Camping/Stellplatz in Ura Vajgurore. Er wird von der Schwester des Campingplatzbesitzers aus Ksamil betrieben und ist genauso angenehm und gemütlich. Jetzt heisst es Abwarten!
Abwarten, bis das Wetter gut wird, Berat wollen wir schliesslich bei Sonne erleben.
Abwarten, denn die Wäsche muss gewaschen werden und in der Sonne soll sie auch trocknen werden.
Am dritten Tag ist es soweit! Mit dem Bus, der vor der Tür hält, fahren wir nach Berat.
Berat liegt im Tal des Osum, überragt von dem heiligen Berg Tomorr, heilig deswegen, weil dort der Stifter des Bektashi-Ordens verehrt wird. Im August findet eine große Prozession auf den Gipfel mit Teilnehmern aus aller Welt statt. Die Bektashi sind eine sehr gemäßigte, tolerante muslimische Glaubensrichtung, der ca. 20% der Albaner lt. Aussage eines Bektashi angehören.

Gehen wir endlich von der Berat-Neustadt hoch zur Festung. Seit der Zeit der Illyrer im 6.Jahrhundert vor Christus beherbergt die Festung die durchgehend bewohnte Altstadt. Ständig bewohnt, vernichtet, wieder aufgebaut. Einige Kirchen, Kirchenruinen, Gebäudereste aus osmanischer Zeit, die eigentlichen Festungsruinen kann man durchstöbern. Interessant sind die Häuser aus dem ca. 18. Jahrhundert, fast alle renoviert, die von den Leuten heute bewohnt werden.
Natürlich ist es keine Weltsensation aber es ist interessant, das Umherschlendern macht Spass und der Blick über die Stadt ist auch sehr schön. Obwohl der Tomorri heute fast ganz im Nebel versteckt ist.
Wieder zurück in der Neustadt essen wir im Stadtpark eine hervorragende Pizza, kaufen ein, schlendern umher, z.B. zur neuen pompösen Universität im Stil vom Capitol in Washington und fahren zurück mit dem kleinen Sammeltaxi zu unserem Campingplatz.

Nachts um 3°° Uhr schrecken wir auf, haben das Gefühl, dass irgend ein Riese unser Auto in die Hand genommen hat und nun mit ihm spielt: mal hoch, mal zur Seite, mal nach vorne und hinten, dann alles zusammen, es geht nur so. Da wird uns klar, dass es ein Erdbeben ist. Schnell aus dem Auto ‚raus und schauen, ob nicht das nahestehende Haus vielleicht halb zusammenfällt und Teile dann unser Auto treffen. Nein, alles geht gut, niemand kommt zu Schaden! Am nächsten Tag hören wir, dass es ½ Minute gedauert hat und die Stärke 5.2 hatte. Eines der Beben-Zentren war in Elbasan, wo viele Häuser ziemlich beschädigt wurden. In der nächsten Nacht kommt ein leichtes kurzes Nachbeben. Dann heisst es Wäsche waschen und trocknen damit wir morgen durch bzw. entlang des Osumcanyons fahren können. Gewitter sind uns schon wieder prophezeit.
Wir wollen ja nur mal ganz bescheiden eine Piste im trockenen Zustand befahren.

Über Berat fahren wir wunderschön im Osumtal entlang, die Strasse ist schmal aber asphaltiert und führt durch landwirtschaftliches Gebiet, kleine Dörfer und Städtchen. Bei Polican, einer Hoxha-Neugründung, kann man genau an den Eingängen zu den unterirdischen Waffenschmieden vorbei fahren. Die Fabriken hat Hoxha in Bergstollen gelegt, die Ausmasse sieht man an Schornsteinen und Schächten die mitten in den Feldern oder am Berg hinausragen. Heute sind alle Fabriken still gelegt. Wer weiss, wieviel Munition dort noch lagert, ob sie tatsächlich entsorgt wurde. Wir glauben es nicht, denn als wir das ganze Areal am Strassenrand fotografieren wollen, bekommen wir Ärger mit Security-Leuten. Natürlich haben wir die Bilder schon längst gemacht. Dennoch.
Wir fahren weiter.

Langsam bekommt man eine Ahnung, wo der Osum-Canyon beginnt.
Z.T stehen an den schönen Tiefblicken Restaurants, einmal eine Baufirma, so kommen wir langsam im Tal weiter bis zu der Türbe über einem heiligen Ort der Bektashi, wo das Pferd des Gründes der Gemeinschaft, Abbas Ali, einen Hufabdruck hinterlassen hat. Es ist ein ausgewaschener Stein. Aber so ‚was gibt’s ja in allen Religionen. Wenn man bedenkt, wie viel Fussabdrücke Buddha hinterlassen hat-unglaublich, wo der überall ‚rumgelaufen sein muss!
Auf jeden Fall hat man von hier einen schönen Blick in den Canyon, etwas weiter, wenn man über die Leitplanke klettert, ist er sogar noch imposanter. Man hat inzwischen schon so viele Canyons gesehen, er ist nicht so arg tief jedoch recht schön. Dann wird der Fluss ganz normal flach und breit in seinem Bett.

Vor Zaberzan i Ri beginnt die Piste. Nach Zaberzan wird sie sehr schmal, einspurig, kleine schmale Brücken, nicht für 10t, auch nicht mit Augen zudrücken, führen über kleine Flüsse, es geht über Pässe, an ursprünglichen Dörfern vorbei, durch Wälder, dann kommt bald der letzte Pass, den wir bei heftigstem Gewitter nehmen und es geht wieder hinab in die Täler. Leider ist uns die Aussicht nicht vergönnt, sie muss super sein.
Man trifft dann letztendlich auf die Erdstrasse zwischen Piscove und Frasher und bald auf die Asphaltstrasse nach Permet.
Es war eine super Tour, unserer Meinung nach aber nicht unbedingt für LkW’s geeignet. Bei unseren Wetterbedingungen war 4×4 sehr willkommen!

In Permet heisst es Einkaufen und gegenüber der Stadt finden wir einen netten Übernachtungsplatz unter Bäumen. Bei den Schwefelquellen waren wir spät nachmittags auch noch, aber das Regenwetter und die Gewitter der letzten Stunden haben alles total in Morast verwandelt. Und da, wo es gut zum Stehen gewesen wäre hat es uns nicht gefallen, da waren schon andere, einheimische Burschen mit etlichen Fläschchen zum zusätzlichen Aufwärmen. So ist das manchmal.

Am nächsten Morgen ziehen wir bei herrlichstem Wetter das Tal der Vjosa nach SO, also Richtung Griechenland hinaus. Man fährt genau an dem Nemerckes-Bergstock mit seiner beeindruckenden Ostwand vorbei. Vom Tal bis zum höchsten Gipfel (ca. 2500m) sind es rund 2300 Höhen-Meter, nicht schlecht. Ein schönes Bergmassiv, oben liegt noch viel Schnee, sodass es noch imposanter wirkt.
Nicht weit vorne grüßt uns schon das Pontische Gebirge auf Griechischer Seite.