Südamerika

12.10. bis 31.10.2006

Die Seelöwen-Kolonie von Punta Bermeja bei Viedma soll die größte von Südamerika sein.
Aber in keinem Führer, den man zu Hause kaufen kann, ist etwas darüber zu lesen. Wir fahren los, ohne viel zu erwarten. Aber, es ist wunderschön dort. In den Steilfelsen leben Kolonien von Papageien, die im wilden Flug über uns hinweg brausen um auf Telegrafendrähten zu rasten. Unter uns dann, am Fuss der Klippen, tatsächlich tausende Seelöwen dicht bei dicht mit ihren Jungen, ihr Geschrei hat Ähnlichkeit mit Schafherden-Gebrüll. Auch wenn wir nicht sehr nah an die Tiere herankommen, so ist der Anblick dieser lebensstrotzenden Tiere sehr eindrucksvoll.

Am 15. Oktober ist Muttertag in Argentinien und an diesem Tag kommen wir nach Puerto Madryn. Der ACA-Campingplatz ist ziemlich voll, zumal der 16., ein Montag, auch arbeitsfrei ist. Der 12.10., Dia de la Raza oder Kolumbustag, wird nachgefeiert. Feiertage, die auf einen Wochentag fallen, werden in Argentinien immer am darauffolgenden Montag gefeiert. Das bedeutet allgemein drei Tage Asado! Volle Campingplätze mit Jubel, Trubel und viel Rauch.

Wir stehen vor einem Höhepunkt in Argentinien, der Halbinsel Valdès, dem Tierschutzgebiet schlechthin. Und das alles bei herrlichstem Wetter! Wir sind gespannt, ob es auch so kommt, wie uns die Touristinformation verspricht oder ob viel Geldschneiderei mit im Spiel ist. Am Eingang zum Nationalpark müssen wir 35 Peso p.P., das sind knapp 9€, bezahlen. Das ist viel Geld für dieses Land! Am Campingplatz von Puerto Piramides treffen wir viele nette Leute, Franzosen, Schweizer, Holländer-Jan und Gerry sind auch da. Übrigens: auf dem Campingplatz wurde nur am Wochenende kassiert, 5 Peso p.P., sonst nicht. Aber nur am Wochenende ging auch die Dusche für 2 Peso! Man hat Wasser, Strom und Toiletten und viel Sand und Wind! In Puerto Piramides buchen wir eine Bootstour zur Walbeobachtung für 120 Peso p.P. für 2 ½ Stunden incl. Sonnenuntergang. Und dann sind wir doch überwältigt: Wale zum Anfassen nahe am Schiff, Schwanzflosse ‚raus, Sprünge wie beim Delphin, Mutter und Kind beim Säugen und noch ein herrlicher Sonnenuntergang dazu. Ein unvergessliches Erlebnis. Von der grandiosen Landschaft gar nicht zu reden. Am nächsten Tag machen wir unsere eigene Rundfahrt über die Insel. Pflicht ist, immer ganz früh aufzustehen, damit man den Bus-Touristen eine Stunde voraus ist. Wieder ist es absolut beeindruckend, die Tiere, Pinguine, Seeelefanten, Seelöwen aus nächster Nähe in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen. Und am dritten Tag sind wir nur in der Bucht von Pardelas. Nicht mehr als 20m vom Ufer entfernt tummeln sich stundenlang die Wale, die längste Zeit eine Walmutter mit weissem Kind. Bei Ebbe machen wir eine herrliche Wanderung über die Klippen, sehen Kormorane, Möwen und zwei Seehunde, die neugierig mit ihren schwarzen Kulleraugen aus dem Wasser schauen. Große Wale kommen nahe ans Land, zeigen uns ihre mächtige Schwanzflosse oder springen aus dem Wasser. Vor lauter Schauen kommen wir gar nicht zum Essen.
Es nützt aber nichts, wir wollen weiter.

Von Puerto Madryn fahren wir nach Trelew. Dort gibt es das wichtigste Paläontologische Museeum Argentiniens, das Museo Egidio Feruglio. Natürlich gehen wir ‚rein. Es ist nicht sehr groß aber die Skelette der Saurier jedweder Art werden hervorragend präsentiert! Leider können wir die Beschreibungen, die ausschliesslich in Spanisch verfasst sind, nicht verstehen. Aber wir sind beeindruckt und möchten so einem lebenden „Monster“ nicht unbedingt begegnen. Vor Puerto Rawson, mit einem kleinen Fischerhafen, in dem sich ein paar Seeelefanten tummeln, gehen wir auf den Campingplatz La Patagonia; er ist wunderschön und sturmsicher gelegen! Von hier wollen wir zum National Park Punta Tombo. DER Pinguinkolonie schlechthin, heißt es. Früh am Morgen, kurz nach 8°° sind wir bei herrlichstem Wetter am Eingang und ganz allein im Park. Tausende Tiere putzen sich, gehen auf ihren „Strassen“ gemeinsam zum Baden und Schwimmen oder sonnen sich vor ihren in die Erde oder unter Stäuchern gegrabenen Höhlen. Viele sind noch am Brüten. Sie sind neugierig, kommen uns entgegen, schauen beim Fotografieren zu, manche dösen noch ein bischen. Leider kann man nur noch auf festgelegten Wegen durch die Kolonie und nicht mehr ans Wasser und weiter durch die Landschaft wandern. Um 10°° treffen die ersten Bus-Touristen mit viel Lärm und Geschrei ein und die Tiere werden scheu, manche verkriechen sich. Für uns das Zeichen, wieder weiter zu ziehen.

Gen Süden fahren wir die Erdstrasse Nr. 1 weiter durch die Pampa. Sie führt an weit entfernt liegenden Estancias vorbei, wir sehen Herden von Guanacos, ein paar Nandus lassen sich blicken und Maras, die Pampahasen, unsere “Hundehasen“ flüchten in voller Panik vor uns ins Land.. Am Cabo Raso steht ein Leuchtturm und bei Ebbe kann man bis zu einem Schiffswrack gehen, das gleich am steinigen Ufer liegt. Ein schöner Platz zum Mittagmachen. In Camarones gehen wir auf den Campingplatz am Strand für 26$, muss nicht sein! Als wir über den Preis schimpfen, ist uns der Campingwart beleidigt. Aber es ist schon sehr spät, was soll’s. An der Ruta 3 dann wieder zeigen sich vor Commodoro Riverdavia die ersten Ölpumpen. Die Stadt ist nicht schön, die Landschaft auch nicht toll aber windig! In Rada Tilly bleiben wir für zwei Nächte. Der Sturm tobt, wirbelt den Sand durch die Luft, alles knirscht. Das Auto bebt. Rivadavia ersparen wir uns.

Mit etwas weniger Sturm, dafür aber natürlich von vorn, kommen wir nach Puerto Deseado. Der Campingplatz liegt gleich am Ufer hinter der Sporthalle. Wir stellen uns hinter das Toilettenhaus, sehr geschützt und trotzdem tobt der Sturm, sodaß das Dach ‚runtergeklappt bleiben muss. Das Auto wackelt bei jeder Böe wie ein Schiff auf dem Wasser. Die Betreiber sind unheimlich freundliche und hilfsbereite Leute. Punta Deseado ist ein kleines, nettes Städtchen, in dem die Pensionisten von der Eisenbahngesellschaft ihren alten Bahnhof restaurieren und als Museum herrichten. Auch sie sind ganz reizend, sprechen etwas Englisch und zeigen uns das Gebäude vom Keller bis zum Dach. Wir bleiben ein paar Tage, bringen unsere Wäsche in eine Wäscherei und kaufen uns eine elektrische Kochplatte. Ab sofort können wir Eintopf und Gulasch usw. kochen! Als der Sturm etwas nachlässt, besuchen wir noch Cabo Blanco mit seinem schönen Leuchtturm und einem vergessenen Friedhof für Schiffbrüchige. Einsamkeit pur bei düsterer Wolkenstimmung und Sturm. So haben wir uns Patagonien vorgestellt. Ob es so schlecht bleibt? Bis Ushuaia? Hoffentlich nicht.