Asien,  Indien

6b: Rajasthan

Teil VI – b Indien

vom 24.07.2010 bis 04.09.2010

Teil 2 der Reise durch Indien:
von Neu Delhi nach Rajasthan

Morgens geht es nun ‚raus aus Delhi bevor die halbe Stadt unterwegs ist und die Strassen verstopft sind. Es ist nicht so arg weit bis zu unserem nächsten Ziel: Jaipur.

Wir sehen es an der Kleidung, an den Verkehrsteilnehmern, an den Häusern, dass wir in einem anderen Bundesstaat sind, nämlich in Rajasthan.
Die Leute hier haben eine dunklere Hautfarbe, die Kleidung, vor Allem die der Frauen, ist bunter. Wir sehen kaum noch Mohammedaner. Das Kamel, bzw. Dromedar hat das Pferd als Arbeitstier abgelöst. Als Taxiersatz fahren noch, wie früher, viele Fahrradrikschas durch die Gegend.

Andererseits sind die Städte hier noch wesentlich mehr vom Abfall zugeschüttet wie wo anders.
Wir gewöhnen uns immer mehr daran. Anders wäre es fast nicht auszuhalten.

Die Strassen werden voller, immer lebendiger, immer chaotischer und wir fahren in Jaipur ein.
Von irgendwoher haben wir die Adresse von einem kleinen Hotel „in ruhiger Lage, nahe der Altstadt mit Parkplatz“. Es ist das „Jaipur Inn“. Dort wollen wir mal schauen, weiter suchen können wir immer noch. Die Anlage neben dem Hostel ist in der Art eines „Condomino“. D.h. wir stehen mit dem Auto am Nebeneingang zum Guesthouse auf der Strasse, der ganze Bezirk mit der Strasse ist aber ab abends verschlossen und ein watchman sitzt davor (und schläft in der Nacht).
So ist es schön ruhig, im Hotel haben wir Toiletten, da können wir duschen und essen gehen.
Die Dusche ist unters Dach geklemmt: Ein niedriger 1 qm-Holzverschlag aber es funktioniert!

In die Stadt fahren wir mit dem Tuk-Tuk oder laufen.
Man kommt dann bald in die Nähe vom Stadttor, die Strasse führt einen weiter direkt zu der großen Marktstrasse der Altstadt. Man muss bedenken, dass Jaipur über drei Mio. Einwohner hat, die Leute, die täglich von ausserhalb kommen nicht mitgezählt, ergibt das schon eine ganze Menge Menschen. In die neue Stadt mit Museen, Verwaltungsgebäuden und Universitäten fahren wir nicht mehr.
In der Altstadt gibt es genug zu sehen: die Märkte, die Paläste, vorneweg den sog. Palast der Winde, Tempel und natürlich das ganze Leben an sich. Man muss ständig aufpassen, dass man nicht in irgendwelche große, tiefe Löcher auf der Strasse fällt, nicht in einem Abfallhaufen landet, nicht überfahren wird von Kamel-Karren oder von Tuk-Tuk-Fahrern, die ganz nahe kommen und fragen, ob man nicht doch lieber mitfahren möchte. Ständen mit Essen, Trinken, Tempelblumen, Obst und sonst ‚was verhindern den geraden Weg. Überall wird gehandelt, gehupt, gemacht und getan-hier gibt es keine ruhige Minute. Der Weg in die Stadt zu Fuss ist allein schon Stress.
Aber man gewöhnt sich. Vieles ist für uns selbstverständlich geworden, nur mit dem Krach haben wir immer noch Schwierigkeiten. Uwe ist wie immer mit Oropax in den Ohren unterwegs.
Im Palast der Winde sitzen selbst die Affen an den Fenstern und schauen verdutzt hinaus auf die Strasse und zu den anderen Affenfamilien am gegenüberliegenden Gebäude. Es „menschelt“. In den Palast selbst gehen wir nicht, der hat mittags geschlossen. Wird nicht so schlimm sein. Aber in den Teil, der landläufig als Palast der Winde bezeichnet wird, das ist ja eigentlich nur diese berühmte Fassade des Hawa Mahal, des Stadtpalastes, da müssen wir natürlich schauen.
Die Fassade wurde extra für die Haremsdamen gebaut, damit sie unsichtbar für fremde Blicke, die Strasse beobachten konnten. Viele, lt. Wikipedia 953, kleine Fenster lassen den Wind durch die Fassade zirkulieren. Wir haben August und können bestätigen, dass es hier oben angenehm kühl ist!
In der Häuserzeile gegenüber führen kleine Steinstiegen zu weiteren Geschäften. Das beste aber ist von dort der Ausblick auf den Palast der Winde.

Mit dem Wetter hatten wir Glück, es hat nicht geregnet. Pfützen, kleinen Seen gleich, gab es noch genug vom letzten großen Regen, aber wir hatten es immer trocken.
An einem für uns ganz normalen Tag hat die Stadt angefangen Müll wegzuräumen, Strassen zu fegen, sich bemüht, sauber zu machen. Welch ein Wunder! Wir überlegen, ob ein spezieller Maharadscha oder einer der höchsten Politiker mit einem ausländischen Gast kommt?
Nein, nichts dergleichen.

Wir erfahren, dass morgen der Tag von Krishnas Geburtstag ist, das Fest Jamashtani.
Dieser Tag wird mit Umzügen, Tänzen und Paraden gefeiert. Krishna wird stets als blauhäutiger Jüngling, meist mit Panflöte, dargestellt.

Das Volk verehrt Krishna tief und feiert wie bei uns zu Weihnachten.
Auch hier leistet Wikipedia gute Dienste: „Die Krishnaverehrung ist eine der populärsten Formen des heutigen Hinduismus.“
Und: „Für seine Anhänger ist er die Inkarnation des Höchsten.“

In einem Souvenirgeschäft, das an einen Tempel angeschlossen ist sagt man uns, dass wir morgen früh kommen sollen, dann können wir oben in den ersten Stock auf das Vordach, extra für die beste Aussicht auf die Prozession! Wir freuen uns für diesen Tip und ich erstehe in dem kleinen Laden einen sehr modernen Bronze-Ganesha.
Ganesh, in der Darstellung eines Elefanten, schaut sehr freundlich modern und passt neuerdings auf, was wir am Schreibtisch so treiben.
Bei Wikipedia heisst es: „Er wird angebetet, wenn man Glück für den Weg oder eine Unternehmung braucht, er steht für jeden Neuanfang und verkörpert Weisheit und Intelligenz“. Na, vielleicht spendiert er uns auch ein bisschen davon.

Am nächsten Tag der Tage gehen wir schon früh los um nichts zu verpassen. Wir sind gespannt, was sich heute ereignen wird.

Wir laufen in die Stadt, etliche Leute sind schon unterwegs, ausnahmsweise sehen wir Inder die Strassen fegen. Wir gehen in die Altstadt zur Marktstrasse. Irgendwann werden es immer mehr Leute, viele versuchen, einen Platz zu finden, nun wird es wohl auch für uns Zeit. Also hoch auf den Vorbau besagten Tempels im 1. Stock. Sitzen bleiben!! Jetzt geht nichts mehr, sonst ist der Platz weg. Es gibt aber soviel zu sehn, neben, unter und über uns, dass wir wirklich keine Langeweile verspüren. Und wir wundern uns, dass bei der ganzen „Fassadenkletterei“ nicht mehr passiert. Da sind die Inder geübt.
Auf einmal wird die Strasse unter uns komplett gesperrt. Die letzte Müllabfuhr kommt, dann geht es los:

Musik ist zu hören, verlangt bitte nicht, dass wir sie beschreiben sollen. Es ist indische Musik mit Trommeln, Posaunen, Trompeten, usw. Weil sie genau zur Situation passt, hört es sich schön an.
Zu Hause würde man sicher „Katzenmusik“ sagen.
Das ist immer so: Menschen, Musik, Essen, Getränke, Stimmungen, Wetter passen nur dort zusammen, wo sie hingehören, wo sie ihren Ursprung haben.

Also die Musik kommt näher, Bauern aus der Umgebung tragen, bzw. balancieren 6-8m hohe, verzierte wunderschön an zu schauende Pfosten, auf denen zu oberst ein Tempel gebaut wurde.
Sie feiern hier gleichzeitig eine Art „Erntedankfest“.
Dann kamen verschiedene Volksgruppen mit Musikern, alle in wunderschöner Kleidung, Begebenheiten aus dem Leben Krishnas darstellend. Z.B. wie er, der unter Hirten aufgewachsen sein soll, Ziegen hütet, die von Menschen dargestellt werden.
Es dauert dann nicht mehr lange und es kommt der (für uns) Höhepunkt des Umzuges.
Die bemalten und geschmückten Elefanten des Maharadschas, seine herausgeputzten Kamele und die der Armee ziehen an uns mit Musikbegleitung vorbei.
Und dann naht endlich der Höhepunkt des Festes für die Inder: das Kind Krishna als letzter Wagen, als Höhepunkt des Festes.
Vor lauter Schauen, Fotografieren, ja, Erleben, sind wir nach fast drei Stunden ganz erschöpft.
So bequem war unser Beobachtungsplatz auf dem Mäuerchen auch wieder nicht.
Aber es war ein tolles Erlebnis, nur das zählt!

Am nächsten Tag fahren wir weiter nach Pushkar.
Unterwegs werden wir noch viele „Krishna-Jünger“ sehen, die unterwegs sind nach Mathura, der angenommenen Geburtsstadt Krishnas. Oder die auf dem Weg zurück sind von den Krishnafeierlichkeiten an anderen heiligen Orten, z.B. Pushkar.
Nicht nur Kuhherden, Kamele, Autos, Lkw’s, Tuk-tuks und Rad’l-Fahrer, nein, nun sind auch noch große Gruppen von Krishna-Pilgern auf den Strassen.
An den Strassenseiten sind alle Tagesabschnitte weit große Zelte aufgebaut, die den Pilgern Wasser, Essen, Trinken und Übernachtung kostenlos anbieten, natürlich auch Gottesdienste.
Bis wir in Pushkar ankommen stoppen uns Hochzeitsumzüge, Strassenverstopfungen, blockierte Bahnübergänge (Gott sei Dank standen wir nicht auf oder an den Schienen) und die besagten ewig langen Pilgerprozessionen von „Krishnabrüdern“. Meist laufen sie aber schön aufgereiht, hintereinander am Strassenrand. Soweit das in Indien überhaupt geht. Man bemüht sich.

Endlich kommen wir in die Altstadt zu dem heiligen See von Pushkar.
Kurz davor finden wir ein Hotel (RTDC-Hotel Sarovar) mit einem schönen Parkplatz im Grünen. Wir fragen und dürfen dort für einen Obolus die nächsten Tage stehen. Das Tollste, neben Toiletten und Duschen, ist, dass man auf das Dach gehen kann und dadurch einen herrlichen Blick auf See, Pilger und Stadt hat!
Wir können ungestört (und vieles sicher unerlaubt) fotografieren und filmen.
Keiner der Inder schaut nach oben! Das würde es bei uns nicht geben. Unser Glück.

Natürlich hat der Platz auch einen großen Nachteil: hier und am Nachbargrundstück wohnen
ca. 10 Pfauen! Und die schreien laut und heftig! Vor allem morgens und abends.
Aber man gewöhnt sich auch daran.

Kurz um die Ecke und wir sind in der Altstadt am heiligen Pushkarsee. Die Ghats sind immer noch sehr interessant. Manche Ghats dürfen wir betreten, andere nicht. Wir können die Pilger bei ihren heiligen Waschungen beobachten. Wir staunen, wie lang (mind. 7m!) so eine Turban-Stoffbahn ist, die gleich mit gewaschen wird und dann ordentlich auf den Stufen zum Trocknen ausgebreitet da liegt. Alle Männer planschen gemeinsam in den großen Becken, beäugt von den Kühen am Beckenrand. Die Männer sind sehr reinlich.
Wo dürfen die Frauen hin zum Planschen? Ihnen bleibt ja wohl nur eine Wasserschüssel im schäbigen, heimatlichen Hof.
Für das große Kamelfest im November sind wir eindeutig zu früh dran. Man kann sich aber vorstellen, dass es dann hier so richtig eng und nicht mehr gemütlich wird.

Nach zwei Tagen fahren wir weiter mit Ziel Jodhpur.
Eigentlich ist die Stadt nur 126km entfernt, die Strasse ist recht ordentlich. Dicht besiedelt, klar.
Aber dann kündigt sich das Unheil schon an: Eine sehr große und nicht zu überblickende Baustelle mit mehreren ausgeschilderten und mehreren von Einheimischen befahrenen Umleitungen.
Was nicht das Selbe ist! Was tun. Das Navi weiss auch nicht, was es tun soll, denn jede Strasse, die es uns anbietet ist entweder Baustelle oder Einfahrt verboten, Einbahnstrasse, falsche Richtung, existiert nicht mehr usw.
Wir haben keine Lust mehr, wühlen uns durch das erste Schlammstück eines breiten landwirtschaftlichen Feldwegs, die Richtung stimmt, diese Erdstrasse ist sogar auf unserem nüvi!Dann wird es besser, nicht mehr so schlammig und landschaftlich sehr schön! Rundherum umgeben uns grüne Felder, kein Auto stört unseren bäuerlichen Frieden.
Bis wir wieder auf der Hauptstrecke sind und die „Indische, wilde, verwegene Jagd“ um uns herum stattfindet.
In der Ferne zeigt sich uns schon die Festung Mehrangarh. Dann kommt noch eine größere Baustelle und wir arbeiten uns in die Stadt hinab vor.
Jodhpur, die blaue Stadt mit seiner imposanten Festung ist erreicht!
Es muss ein unglaubliches Gefühl gewesen sein, wenn die Handelskarawanen in früheren Zeiten hier nach ihrem langen Weg eingezogen sind.

Auf dem Hof vom RDTC-Hotel Ghomar finden wir für die nächsten Tage einen schönen Platz: ruhig, schattig unter Bäumen, Toilette und Dusche und im Notfall kann man auch in die City laufen. Hier treffen wir Markus wieder mit seinem betagten aber alles mitmachenden Mitsubishi. Für eine Weile bereisen wir Rajasthan gemeinsam, dann trennen sich unsere Wege wieder.

Zunächst müssen wir uns orientieren. Nach langer Zeit gibt es mal wieder einen Hamburger zu essen, der hier viel besser schmeckt wie bei uns. Mit Markus‘ Hilfe, der nämlich schon so etwas hat, erstehen wir einen freien Stick und eine Karte fürs Internet.-Geht überhaupt sehr gut. Natürlich gibt es viel zu erzählen, jeder hat so seine Erlebnisse seit Pokhara gehabt.

Bald heisst es Jodhpur „unsicher“ machen. Die Hauptsehenswürdigkeiten liegen oben auf einem Felsen/Berg, 123m über der Stadt.
Es ist einmal das Jaswant Thada Mausoleum/Cenotaph und natürlich die gegenüber liegende Festung, die sogar bis 1943 von der Maharadja-Familie bewohnt war. Sie befindet sich auch heute noch in Privatbesitz.

Mit der Taxe fahren wir hoch.
Das Jaswant Thada ist absolut bewundernswert. Es wurde aus weissem Marmor auf dem ehemaligen Einäscherungsplatz der königlichen Familie gebaut und dient der Erinnerung an Maharaja Jaswant Singh II. Viele Türmchen, kleine Pavillons, sog. Chatris, fein ziselierte „falsche“ Fensterchen, Türmchen, Stufen, Vordächer. All das ist architektonisch wunderbar kombiniert und und handwerklich vollendet gebaut, sodass das große Gebäude den Eindruck totaler Leichtigkeit und Luftigkeit vermittelt. Und dazu kommt ein herrlicher Blick vom dazugehörigen kleinen Garten-Park in die unter uns liegende Ebene.

Langsam wandern wir zur Festung hinüber. Wir bekommen den Blick auf die alten Stadtteile von Jodhpur frei und es wird klar, warum sie die „blaue Stadt“ heisst!
Die Häuser sind blau angestrichen, manche leicht lila und leuchten um die Wette. Es schaut sehr schön aus! Jedenfalls von Weitem, von der Nähe könnte man dann schon wieder enttäuscht sein, den Dreck sieht man nämlich von hier oben nicht.
Aus der Festungsanlage kommen uns gerade viele, schön und farbenfroh gekleidete und mit Silberschmuck behangene Inderinnen der Kaste der Radjputi mit ihren Kinder entgegen. Sie freuen sich und nötigen uns direkt sie zu fotografieren. Es sind stolze Frauen, nicht arm, die es auch nicht nötig haben, zu betteln.

Gehen wir endlich in diese Festungsanlage:
Durch Torbögen in meterdicken und zig Meter hohen Mauern kommen wir in die ersten Höfe dieser ausserordentlichen Festung.
Wieder die aus Sandstein gefertigten und „vergitterten“ Fenster wie im Palast der Winde. Wir sehen den Steinthron der früheren Maharadschas und etliche wunderschöne, handwerklich hervorragend gefertigte Sänften. Wir kommen durch prächtig mit Gold und Mosaiken aus Glas und Spiegeln ausstaffierte Räume. Ausgelegt mit Teppichen und edlen Sitzpolstern.
Dann kommen wir wieder in neue Höfe, die wievielten werden das sein? Und wieder edle Gemächer, die uns nur staunen lassen. Herrlich geschnitzte Holz-Fenster mit Fensterläden, sodass die Damen immer alles sehen konnten aber nie selbst gesehen wurden.
Schlagartig wird es dunkel, wir hören es rumpeln, dann kracht es so richtig, und der Himmel öffnet seine Schleusen. Wir können uns gerade noch in einem Hof in eine trockene Ecke retten und schon arbeiten die Wasserspeier. Der Hof wird regelrecht überflutet, die indischen Besucher heben ihre Röcke und Kittel hoch, versuchen zu flüchten statt sich ebenfalls unter zu stellen. Wir sehen sie rutschen, hinfallen, sich verrenken. Und wir können gemeinerweise tolle Bilder machen.

Bald ist das Gewitter vorbei und wir machen uns langsam auf den Weg hinab in die Stadt. Es sollen 5 km sein, immer durch die Gassen. Da, wo es bergab geht, sind wir richtig. Und der Regen war augenscheinlich gut, denn nun sind die Gassen richtig sauber, der Dreck ist an den Seitenrändern hängen geblieben und alles ist in der Mitte gut zu begehen. Es schaut so aus wie bei uns die Flüsse, nachdem sie Hochwasser führten.
In der Nähe vom Uhrenturm, noch aus englischer Kolonialzeit, am Sardar-Market kommen wir in der Altstadt an.
Hier steht das Wasser noch überall recht hoch und es beginnt ein Eiertanz rund um die Marktstände. Aber es fliesst ja hier alles schnell ab, das Wasser wird von den Kühen und restlichen Tieren gerne gesoffen und den Rest schleckt die Sonne auf.
Langsam bummeln wir zurück. Erstmal aber müssen wir uns noch für den gemütlichen Teil des Tages ein Bierchen kaufen. Wir fragen nach einem Geschäft, viele Leute schicken uns in die gleiche Richtung. Das ist positiv. Wir laufen, fragen, laufen, fragen, auf einmal deutet jemand zurück. Also sind wir vorbei gelaufen. Aber hier, wo nichts auf Alkohol oder dergleichen hindeutet, da ist es.
Quer vor dem Eingang eine lange Truhe, die sich als Gefriertruhe ohne Frost entpuppt. Darin sind Bierflaschen, kleine Tütchen mit Wasser und kleine Tütchen mit Eis, kleine Schnapsflaschen. Neben der Truhe führt eine steile Stiege in einen unbeleuchteten Abgang. Da bekommen wir mit, dass die Leute von unten hoch kommen, eine kleine Flasche Schnaps kaufen. Dazu Wasser und Eis in 1/8-Liter-Tütchen und einen Strohhalm bekommen. Dann geht es wieder runter. Da unten finden also die heimlichen Saufgelage statt. Alkohol ist in Rajasthan verboten! Wir bekommen natürlich unser Bier und ziehen davon.

Nach zwei Tagen haben wir genug von Jodhpur, den Teil der Neustadt ersparen wir uns. Solche Städte mit ihrem absoluten Chaos stressen einfach. Wir wollen in die Natur. Zusammen mit Markus machen wir uns auf denWeg.
Wir wollen nach Ranakpur und den Adinatha-Tempel der Jains besichtigen. Wenn möglich auch dort übernachten.

Die Strassen, die wir fahren, werden später kleiner, es ist zwar immer noch genug los hier (sind ja auch Highways!) aber aufgrund fehlender Groß-Industrie sind nicht gar so viele LKW unterwegs. Dafür viele Schafherden, viele Leute, es geht für indische Verhältnisse schon fast gemütlich zu. Wir fahren später durch Wälder, Felder bis nach Ranakpur, dass ca. 950m hoch liegt. Leider ist das Wetter nicht so, wie es sich für so einen Tempel gehört. Es ist stark bewölkt, da kann man nichts machen. Und es ändert sich auch nicht mehr.

Wir parken gleich nahe des Adinatha-Tempels. Der Tempel selbst liegt umgeben von bewachsenen Bergen auf einem freien Platz, gebaut aus angeblich gelbem Marmor. Aber auch er musste sich die Absonderungen dieser Welt gefallen lassen. Nun ist er von aussen eher dreckig schwarz bis grau. Wie traurig. Aber innen zeigt er sich als echtes Juwel, ein absolutes Besichtigungs-Muss, wenn man hier auf Reisen ist!

Sein Grundriss ist quadratisch. Er steht auf einem Sockel mit vier Pavillons jeweils an einer Ecke. Vom Eingang kommt man in die große Eingangshalle, die rundherum führt, dann kommt man durch die nächste Hallenkonstruktion zum Heiligtum. Das darf man nicht betreten, aber von aussen darf man hinein schauen. Das Hauptdach und die vielen, vielen kleinen Dächer der Pavillons, Erker, Vorbauten, usw. liegen, so habe ich bei Wikipedia nachgelesen, auf 1444 Säulen aus massivem Marmor. Keine Säule soll der anderen gleichen! Insgesamt sind es 24 Säulenhallen, die mit 80 Kuppeln überdacht sind. Alle Teile des Tempels sind in höchster Steinmetzkunst verziert mit Blumenranken, Figuren, Ornamenten.
Bezüglich seiner Ausschmückungen ist dieser Tempel DER Jain-Tempel schlechthin! Es gibt wunderbare Lichteinfälle, man könnte tagelang hier herum spazieren, immer wieder gibt es Neues zu entdecken und man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Man kann sich hier verzaubern lassen.

Eigentlich wollten wir hier in der Nähe übernachten aber es war nicht so das Passende zu finden.
Der Parkplatz war nicht der Hit, wir haben gar nicht gefragt, ob es vielleicht Probleme gäbe.

Es ist noch relativ früh und so beschliessen wir, weiter zu fahren. Nicht so arg weit weg gibt es eine auf einem Bergsporn gelegene Festungsanlage mit dem Namen Kumbhalgarh.
Eine große Festungsanlage, wir sind schon ganz gespannt, denn sie soll ja doch imposant sein: die Mauern sind ca. 8m dick und 12m hoch! Sie liegt auf ca. 1000m Höhe, das wäre angenehm für uns in der Nacht! Aber wir haben die Rechnung ohne die Inder gemacht. Es regnet, es hat miserables,
nebeliges Wetter. Die watchmänner und Parkplatzwächter finden tausend Argumente gegen unseren Wunsch, hier zu übernachten.
Was sollen wir machen.
Auf dem Weg zur Burg hatte Markus ein kleines Restaurant gesehen mit Wiese daneben. Also beschliessen wir, dort zu essen und dort auch zu übernachten. Ein schönes Plätzchen, es ist dunkel und die ggf. unschönen Dinge sehen wir somit nicht.
Am nächsten Morgen fahren wir weiter, das Wetter ist gar nicht schön, und so kommen wir durch
kleine Dörfer langsam zur Hauptstrecke und nach Udaipur.

Beim RTDC-Hotel Kajiri, oberhalb eines Kreisverkehrs finden wir einen Parkplatz und bekommen
für uns zu dritt den Schlüssel für ein Zimmer mit Dusche und WC.
Nachts ist es ruhig, im Gebüsch leben die Ratten. Nachdem sie hier für heilig erklärt wurden, nehmen wir mal an, dass sie sich auch anständig verhalten, d.h. nicht ins Auto kommen.
Im Restaurant gehen wir essen. Hier gibt es Mitesser: Mäuse balancieren über die Stuhllehnen und die Anrichten. Wie war das? Man gewöhnt sich auch daran. Indien kann man nicht ändern.
Zu Fuss ist die Innen-Stadt mit dem Pichola-See, der Stadtpalast usw. gut zu erreichen.
Und gleich über die Strasse, bei den kleinen Läden ist ein sehr, sehr guter Friseur. Der Meister persönlich hat uns beiden die Haare hervorragend geschnitten. Warum geht das bei uns nicht?
Da zahlt man 20€ und schaut hinterher aus wie ein „gerupftes Huhn“.

Nun geht es in ganzer Schönheit in die Stadt.
An den Gärten Sahelion-Ki-Bari kommen wir vorbei und bestaunen statt der Gärten, wie die Inder Rohre verlegen, die Kleinstschüler oder die Kindergartenkinder sehr brav Brotzeit machen.
Der Garten wurde ursprünglich für die königlichen Damen des Palastes angelegt. Man findet nette Wasserspiele, ein kleines Museum, das wars.
Langsam bummeln wir weiter zum Stadtpalast. Gute zwei Stunden brauchen wir für diesen großen Palast, wobei heute ein Teil als Hotel genutzt wird.
Der Palast wurde bis 1956 vom Maharana bewohnt und der andere Teil ist heute als Museum für den Publikumsverkehr geöffnet.
Die alte Möblierung ist noch vorhanden, die Ausstattung mit Erkern, Nischen, große bildliche Darstellungen, Mosaike und natürlich der herrliche Blick auf den Pichola-See mit dem berühmten
Lake Palace Hotel zeigen, dass hier für indische Verhältnisse ganz schön im Luxus geschwelgt wurde.
Immer noch hängen die Wolken tief, keine Sonne ist zu sehen. Kein Foto-Wetter!

Wir ziehen durch die Altstadt, begegnen Elefanten, die auf Touristensuche sind, schauen den
Frauen an den Ghats am See beim Wäschewaschen zu. Der See ist voll, ein schöner Anblick.
Wenn er ausgetrocknet ist, schaut das sicher traurig aus und stinkt.

So bricht nun der letzte Tag für uns hier in Rajasthan an.
Morgen wollen wir weiter fahren.
Markus will noch einmal gen Nepal ein zweites 3-Monats-Visum für Indien holen und wir wollen ins Gujarat. Über Rajkot zum Indischen Ozean, zum Gir-Nat.-Park, nach Daman&Diu, dann nach Mumbai, bzw. ‚dran vorbei und weiter bis Goa.
Davon berichten wir im nächsten Teil, Teil 3, unserer Reiseberichte.

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